„Die Frau im Nebel“: Park Chan-wook wird romantisch
Statt blutiger Gewalt gibt es einen subtilen Krimi-Noir – und eine herzzerreißende Liebesgeschichte.
„Die Frau im Nebel – Decision to leave“ auf DVD und Blu-ray
Wenn Park Chan-wook, der Meister des brutalen Rachethrillers, einen Krimi-Noir inszeniert, ist mit einem schwindelerregendem Plot zu rechnen. Doch der südkoreanische Regievirtuose entzieht sich süffisant schmunzelnd jenen Erwartungen und präsentiert mit „Die Frau im Nebel“ ein romantisches Melodrama zwischen dem an Insomnie leidenden Kommissar Jang (Park Hae-il) und Seo-rae (Tang Wei), der Hauptverdächtigen in gleich zwei Mordfällen – oder waren es drei? Oder vier?
Chan-wook vernachlässigt zunehmend die Kriminalerzählung zugunsten einer herzzerreißenden Liebesgeschichte, die sich – in dieser Reihenfolge! – von totaler Obsession über subtile Zweisamkeit hin zu utopischer Sehnsucht entwickelt. Große romantische Gesten: Fehlanzeige. Stattdessen lässt der Film uneindeutige Blicke und beiläufige Berührungen einfach passieren, nutzt seine Figuren als energetische Pole, die sich anziehen, abstoßen. Bringt Emotionen, die aufflackern und wieder erlöschen, lässt ulkigen Humor auf explizite Gewalt folgen.
Jedem Bild, jeder Überblende wohnt eine atemberaubende Schönheit inne, die einzig der werkimmanenten Logik dient. Wenn die Zuschauer:innen durch die Augen eines Toten blicken, sich Röntgenbilder in Körper verwandeln und stille Vogelperspektiven gefühlte Ewigkeiten verharren, sind das keine inszenatorischen Angebereien, sondern konsequente Mittel, die Verlust und Begierde erfahrbar machen.