Frauen verhauen
„Suffragette“ erzählt vom Kampf der Frauen für ihre Gleichberechtigung. Und davon, wie Terror in einer Gesellschaft entsteht.Von Volker Sievert
Als Kinofilm ist Sarah Gavrons feministisches Drama kein großer Wurf. Das Beste, was man über den von Frauen produzierten, geschriebenen und gedrehten Film über die historische Frauenbewegung vor 100 Jahren und weibliche Selbstermächtigung sagen kann: Er macht dieselben blöden Fehler wie andere Filme, die mehrheitlich von Männern für Männer gemacht werden. Interessant wird es, schaut man sich die politischen Aspekte an. Ansonsten aus gröberem Stoff gestrickt, verbindet der Film über eine feine Naht Freiheitskampf mit Terror und zeigt, wo das eine endet und das andere anfängt. Wenn die Wäscherin Maud (Carey Mulligan) in den Kampf der Frauen für ihr Wahlrecht hineingezogen wird und sich trotz Haftstrafen und brutaler Zwangsernährung immer militanteren Aktionen anschließt, muss man an die Gegenwart denken. An die gerechten Freiheitskämpfe in Ägypten, Syrien, Lybien oder der Ukraine, aber auch an die ungerechten: die Gräueltaten des IS, der vorgeblich für die Freiheit sunnitischer Muslime in einem eigenen Staat kämpft, oder an Brandanschläge auf Flüchtlingsheime, Pegida-und AfD-Hetze anlässlich der sogenannten Islamisierung des freien Abendlandes und gegen eine fabulierte Meinungsdiktatur. Alle glauben eine gerechte Sache zu verfolgen – wer hat Recht? Der Film meint: Wenn du mit Gewalt Rechte einforderst, die andere nicht herabwürdigen, sondern nur dich aus deiner Unmündigkeit emporheben — dann ist auch Gewalt ein legitimes Werkzeug, um sich gegen ein opressives Regime zu wehren, das die britische Regierung in der Frauenfrage damals war. Dann sind auch Bombenanschläge politische Mittel. Und, das sagt „Suffragette“ auch, diese sind oft nur eine Folge der Kriminalisierung von Bürgerinnen und Bürgern, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen und von Ordnungskräften verprügelt, misshandelt, noch weiter entrechtet werden. Die brutale Polizeigewalt gegen Demonstranten bei den Protesten gegen Stuttgart 21 im September 2010 ist das eindringlichste Beispiel dafür, wie schnell man auch auch in Deutschland Opfer von staatlicher Gewalt werden kann, wenn man seine demokratischen Bürgerrechte wahrnimmt. Und, soviel Freiheit haben wir hier schon: Dazu braucht man noch nicht einmal einer unterdrückten Gruppe anzugehören.