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Linientreu

Regisseur Todd Haynes scheint da mit seinem Spielfilm „Velvet Goldmine“ tatsächlich eine Renaissance des Glamrock losgetreten zu haben. Nun tritt der 28jährige Neu-Berliner Lucian Crisovan mit seiner Band Linientreu in die musikalischen Fußstapfen des frühen David Bowie und liefert mit dem Debütalbum „Sternenkinder“ (Epic) eine deutschsprachige Variante.

city.mag: Lucian, so viele Anleihen an den Glamrock der 70er Jahre – dabei bist du gar nicht so alt …

Lucian Crisovan: Ich bin aber glamourös! Es macht einfach Spaß, sich zu verkleiden. Glamrock war für mich wichtig in meiner musikalischen wie persönlichen Entwicklung. Damals war es eine Art Revolution gegen die Flower-Power-Bewegung, die politisch sehr verbissen war. Ich will nicht sagen, dass sie schlecht war, aber es fehlte ihr der Glamour. Glamrock war auf seine Weise ebenso revolutionär: durch diese gewisse Art von Oberflächlichkeit, die nach außen getragen wurde.

city.mag: Glamrock stand für sexuelle Uneindeutigkeit, Dekadenz und Rebellion. Diese Themen sind doch eigentlich inzwischen abgehakt und schon lange keine Provokation mehr.

Crisovan: Die Leute kucken mich auf der Straße immer noch ziemlich komisch an. Wenn man sich androgyn gibt und damit spielt, provoziert das immer noch. Ich will aber gar nicht bewusst provozieren. Ich stelle mich so dar, wie ich bin, in meiner ganzen Widersprüchlichkeit.

city.mag: Man wird es schwer haben, euch in eine passende Schublade zu stecken.

Crisovan: Man beschreibt uns immer als eine Mischung aus Rammstein, Rosenstolz, David Bowie und Kurt Weill. Und es hat bestimmt auch von allem etwas. Für mich ist immer wichtig, dass Musik starke Bilder hat, auch wenn es mal in den Kitsch abrutscht. Im Gegenteil: Ich liebe Kitsch!

city.mag: Die Entscheidung, deutsch zu singen, stand von Anfang an fest?

Crisovan: Es ist als Sänger ungeheuer schön, auf deutsch zu singen. Man muss Gefühle nicht simultan übersetzen, das kann man im Grunde auch nicht. Einen spontanen Ausdruck von Gefühl kann man nur in der Muttersprache rüberbringen. Viele, die auf Deutsch singen, versuchen pseudointellektuell zu klingen und versteigen sich zu verkopften Metaphern. Nicht mal das Wort Liebe lassen sie durchgehen, weil es ihnen zu kitschig und abgedroschen erscheint.

Interview: Axel Schock

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