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„Die Blumen von gestern“: Lars Eidinger als Holocaust-Forscher

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(Bild: SWR/Edith Held)

Chris Kraus’ Holocaust-Dramödie ist ein ziemlich wildes Werk am Rande nicht nur der Hysterie, sondern auch des Scheiterns.

Wenn Chris Kraus ein Profifußballer wäre, könnte man ihn als übermotiviert bezeichnen. Der Regisseur von „Vier Minuten“ (2006) und „Poll“ (2010) will in seinen Filmen zu viel, stopft sie übers narrative Fassungsvermögen hinaus voll mit Geschichten, Motiven, Themen und Genres. Dazu gehört im oft zu angepassten deutschen Film aber auch eine Menge Mut. Und so ist auch Kraus’ Holocaust-Dramödie „Die Blumen von gestern“ ein ziemlich wildes Werk am Rande nicht nur der Hysterie, sondern auch des Scheiterns – aber immer ein singuläres Erlebnis.

Holocaust-Forscher Totila Blumen (Lars Eidinger) laboriert am Nervenzusammenbruch: Die große Konferenz schnappt ihm sein Boss weg, die Frau geht fremd, und die französische Praktikantin Zazie (Adèle Haenel) hasst Deutsche und Toto im Speziellen, teilt mit ihm aber ein biografisches Geheimnis … Kraus mengt in einem von Holzbraun und sonnigem Gegenlicht dominierten Retrolook in wilder Abwechslung Trauer und Traumata mit Slapstick und Schreianfällen. Das ist oft auch anstrengend, gerne furios und trifft hellsichtige Feststellungen über den deutschen Umgang mit der Shoah: Ritualisierte Betroffenheit braucht kein Mensch; erst die vollumfängliche Anerkennung der eigenen Schuld hilft, an ihr nicht verrückt zu werden. In diesem Sinne einer der klügsten Filme zum Thema.

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