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„Twentyfour“ von Al Di Meola: Einfach ist mehr

Al Di Meola_Twentyfour_Credit Florian Grill_earMUSIC_ (14)
(Foto: Florian Grill/earMUSIC)

Sein neues Album bezeichnet Al Di Meola als einen „gewaltigen Sprung“. Und das bedeutet: Dem 70-jährigen Jazzgitarristen sind Rekorde jetzt egal.

Eine lange Reise, die Überholspuren ebenso wie viele Umleitungen gesehen hat, scheint für Al Di Meola jetzt in eine Ruhezone zu führen. Wer noch etwas verbinden kann mit dem kometenhaften Aufstieg des oft als „schnellster Gitarrist der Welt“ titulierten Saitenderwischs, wer sich daran erinnert, wie sich der Italo-Amerikaner aus New Jersey mit Chick Coreas „Return to Forever“ in die Weltliga des Jazzrocks gefingert hat, erlebt ein halbes Jahrhundert später einen Ausnahmekünstler, der sich ernster zu nehmen scheint als je zuvor. Und dabei schüttelt er die Musik mit einer Leichtigkeit aus dem Ärmel, die vergessen lässt, dass dieser Al Di Meola jahrzehntelang auf der Suche nach seiner Identität gewesen ist.

Da gab es Phasen, in denen er als Solist noch eine Weile auf der Welle weiterreiten konnte: Alben wie „Land of the Midnight Sun“ und „Casino“ haben sich zumindest in den USA leidlich in den Charts gehalten, und das Livealbum „Friday Night in San Francisco“ mit John McLaughlin und Paco de Lucía hat noch einmal einen Welterfolg gebracht. Doch irgendwie schien sich Di Meola dann ein wenig zu verzetteln, experimentierte hier mit Sinfonischem, dort mit Industrial oder Beatles-Tributes. Jetzt ist er 70, und es scheint, als habe er Frieden mit sich und dem langen, verschlungenen Weg seiner lebenslangen Liebe zur Gitarrenmusik geschlossen.

„Twentyfour“ klingt wie die Essenz aller Wege, die Di Meola je beschritten hat, um bei sich selbst anzukommen. Er selbst spricht bescheiden-unbescheiden von einem „gigantischen Sprung“ in seiner Entwicklung. Sagen wir es so: Nur noch in wenigen Passagen versucht er, Geschwindigkeitsrekorde zu brechen. Im Vordergrund steht eine klar definierte Mischung aus weltmusikalisch inspirierten Akustikklängen, die sich paaren mit klassisch komponierter Gitarrenmusik und elektrischen Fusionausflügen. Also alles wie eh und je? Vielleicht, aber um ein Vielfaches konsequenter und logisch anmutender. Di Meolas Faible für vertrackte Skalen und komplexe Rhythmik durchdringt jeden einzelnen Track auf dem neuen Album, und die weitgehend auf die reine, vielschichtig konstruierte Gitarrenarbeit und Percussion reduzierten Arrangements setzen die kompositorischen Ideen unverstellt und nachvollziehbar in Szene.

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