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Anleitung zum Glücklichsein

Die Engländerin Gabrielle Aplin ist mit sich im Reinen. Auch dank gehackter Pilze.Von Steffen Rüth

Während der Arbeit an ihrem dritten Album „Dear Happy“ habe sie ihr Gehirn neu verdrahtet, sagt Gabrielle Aplin lachend, während sie durch ihre neue Wahlheimat Brighton schlendert. Rein in die lässige Beschaulichkeit am Meer und raus aus London, wo es ihr einfach zu laut und zu schnell geworden ist: Der Umzug zusammen mit ihrem Freund war eine von vielen Neujustierungen im Rahmen ihrer intensiven Selbstfindung, bei der sich Aplin ausgiebig mit Leiden wie ADHS, Ängsten und Depressionen befasst hat. „Und das, obwohl es mir ja eigentlich wirklich gut geht“, sagt sie. Sie habe einfach besser verstehen wollen, wie so ein Mensch, ja, wie so eine Gabrielle, letztendlich ticke. Und die entscheidenden neuen Erkenntnisse waren: „Ich bin am glücklichsten, wenn ich entspannt bin.“ Und: „Ich bin eine erwachsene Frau.“

Aplin ist 27, aber seit sie 2012 mit ihrer Kaufhausketten-Werbespot-Version von Frankie Goes To Hollywoods „The Power of Love“ auf Platz eins in den UK-Charts war und wenig später das erfolgreiche Debütalbum „English Rain“ veröffentlicht hat, waren freie Tage in ihrem Leben eine Seltenheit. „Ich habe in einer Zeitschleife aus Konzerten, Studiobesuchen und PR-Terminen festgesteckt, während meine Freunde an der Uni ihre feste Struktur hatten.“ Gabrielle selbst hat auch ein bisschen in ihrem Heimatkaff Bath studiert. Doch dann ging es auch für sie vollkommen unerwartet mit der Musikkarriere los. Sie hatte einfach Videos ins Netz gestellt, in denen sie eigene wie fremde Lieder zur Gitarre sang – besonders „Teenage Dream“ von Katy Perry erfreute sich großer Beliebtheit. „Plötzlich steckte ich mittendrin in diesem Riesenabenteuer. Das hat alles Spaß gemacht, aber irgendwann hakst du nur noch ab und hast keine Zeit mehr für dich und deine Entwicklung.“

Sie hat sich treiben lassen, ist ein wenig durch die Welt gereist und hat alte Hobbys wie Lesen und Yoga aufgefrischt. Und Aplin hat in dieser Zeit auch neue Leidenschaften für sich entdeckt: Auf Youtube präsentiert sie eine vegane Kochshow und ihre Spezialität sind Tacos mit Jackfruit statt Schwein und gehackten Pilzen anstelle von Rind. Der geänderte Lebenswandel hat auch eine musikalische Neuorientierung auf den Weg gebracht. „Ich habe größtenteils schnelle, griffige Popsongs geschrieben, die entweder von Grund auf positiv sind oder zumindest eine Wendung ins Gute haben.“ Der Song „Kintsugi“ ist inspiriert von der japanischen Keramikkunst, bei der kaputte Pötte nicht weggeschmissen, sondern kunstvoll geklebt und die Bruchstellen mit goldener Farbe sichtbar gemacht werden. „Auch wir Menschen sollten unsere Verletzungen mit goldener Farbe übermalen“, fasst sie die Botschaft ihres Songs zusammen, und mit der Single „Like you say you do“ hat Aplin auch einen Appell zur Selbstliebe im Angebot. „Am Ende hatte ich diesen lustigen Haufen von Songs, die Spaß machen und sorglos sind.“ Und wie definiert sie es nun, das Glück? „Ich ziehe eine konstante Zufriedenheit diesem kurzlebigen Überschwangs-Glück vor. Ich bin froh, dass mein Leben fließend und ohne die ganz großen Aufreger verläuft. Auf emotionale Eruptionen kann ich gut verzichten“, antwortet die Aplin.

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