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Anna Bertheau: Keine Angst

In der vierten Klasse setzte sie sich aus Versehen auf einen Hamster. Seitdem hat Anna Bertheau Angst vor Nagetieren. Ansonsten hat sie kaum Angst. Auch nicht vor ihrer ersten Hauptrolle in „Wie Feuer und Flamme“ (ab 14. 6.).

Darin spielt die 18-jährige eine Westberlinerin, die sich in einen Ostberliner Punk verliebt und keine Angst davor hat, für ihre Leidenschaft alles aufzugeben. Soviel emotionale Furchtlosigkeit kann Anna Bertheau selber nicht bieten. „Aber nur, weil ich noch nie vor der Wahl stand.“ Abgesehen davon hat sie keine Scheu, Dinge aufzugeben. Nachdem sie mit zehn merkte, dass sie gerne vor der Kamera steht, brach sie die Schule nach der 11. Klasse ab und will nur noch Schauspielerin sein. Mit dem Schulgeist konnte sie sich nie identifizieren. Aber wer konnte das schon? Da klingt sie ein wenig überheblich. Aber Anna Bertheau ist nicht so eine, eine Frühreife. Sie ist früh reif. Nicht unbedingt freiwillig. Dem Dorfklatsch begegnete sie mit Pragmatismus: „Hab’ ich mir meine Freunde halt woanders gesucht.“ Da schwingt Trotz mit. Aber auch Abenteuerlust, untermauert durch ihr Piratenoutfit – schwarzes Kopftuch, große goldene Ohrringe. Eine Freibeuterin im Leben, stolz auf ihren Job, professionell und gleichzeitig schüchtern. „Darf ich rauchen?“, fragt sie höflich, und tut es dann doch nicht. Sie hat keine Angst zuzugeben, dass sie Liebe eher leidet, als sie spielerisch zu nehmen. Ihre funkelnden Augen fixieren die Decke, ganz so, als wäre es dann einfacher, über Gefühle zu reden. Über ihre tieferen Ängste spricht sie nicht, die deutet sie nur an, wenn sie erzählt, dass viele davon aus ihrerArbeit resultieren und ihre Freunde die deswegen nicht verstehen könnten. Wenn sie eins nicht will, dann für immer die Film-Tochter sein. Andererseits würde sie gerne für immer 17 bleiben, wenn sie die Zeit anhalten könnte. „Das war das schönste Jahr. Noch nicht 18 und zuviel Verantwortung, aber einen Fuß in der Erwachsenenwelt.“ Unbedarftheit schimmert da durch, aber davor hat Anna Bertheau auch keine Angst. Sie ist, wie sie ist und mit 18 auch sein sollte: Ein junges Mädchen, das das Leben genießen will und zufällig Schauspielerin ist. Dann lächelt sie ihr Cinemascopelächeln, ein Lächeln, das sich von der kleinen Falte unter der Nase, von der keiner genau weiß, wie sie heißt, wellenartig über das ganze Gesicht ausbreitet. Ein Lächeln, das glücklich macht. Ein Lächeln, das sagt: ’Keine Angst, ich bin’s nur, die Anna. Alles wird gut.’ Versprochen?

Volker Sievert

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