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Anna Gréta: Das Herz auf der Zunge

Portraitfoto Anna Gréta
(Foto: Birna Ketilsdóttir Schram)

Die isländische Pianistin Anna Gréta wagt sich zum ersten Mal vors Gesangsmikro – und das dürfte selbst die erfolgreichsten Kolleginnen im Jazzpop nervös machen.

Anna, wo ist dein schöner Nachname geblieben?

Anna Gréta: Den habe ich vor kurzem abgelegt. Anna Gréta gefällt mir ziemlich gut, und mit Sigurdardóttir hintendran ist der Name doch viel zu lang …

… und wir hätten Probleme mit all euren ungewohnten Konsonanten und Vokalen und würden die Aussprache vermasseln …

Gréta: Genau. Aber ich versuche auch gerade, ein bisschen mehr Deutsch zu lernen, dann wird es sowieso leichter, miteinander zu sprechen.

Stimmst du mir zu, wenn ich deine Songs als von der Natur inspirierte Liebeslieder beschreibe?

Anna Gréta: Das passt. Von der Natur inspiriert, von unserer Umwelt, den isländischen Folktraditionen und unserer großen Melancholie. Ich lebe ja jetzt in Stockholm und genieße den Herbst mit den fallenden Blättern. Diese Jahreszeit haben wir auf Island definitiv nicht. Dafür vermisse ich es hier, von Bergen umgeben zu sein. Berge geben mir Energie.

Wie gehst du deine Stücke an: Ist da zuerst eine Textidee oder die Melodie?

Anna Gréta: Tatsächlich ist es ein Mix beider Kompositionstechniken. Manche Stücke haben vorher schon als Instrumentals existiert, andere waren als Textideen in meinem Kopf. Ich denke viel darüber nach, was da der beste Weg ist …

Wahrscheinlich denkst du auch darüber nach, ob du in dieser Richtung – also als Klavier spielende Songwriterin – weitergehst oder wieder als Jazzpianistin weitermachst, oder?

Anna Gréta: Na ja, es macht schon großen Spaß, in Jazzensembles Klavier zu spielen. Aber dieses Album jetzt, das kam wirklich von Herzen, und ich habe erst einmal vor, daran mit weiteren Songs anzuknüpfen, an denen ich gerade arbeite.

Wie groß war die Umstellung, auf einmal als Sängerin zu arbeiten?

Anna Gréta: Das war ja das erste Mal, und ich war, was meine Stimme anbelangt, sehr verunsichert. Zugleich war ich aber hauptsächlich auch neugierig. Wir haben einen Tag lang Vocaltracks aufgenommen – und waren mit dem Ergebnis total unzufrieden. In einem anderen Studio und zum Teil auch bei mir zu Hause haben wir es so lange wiederholt, bis es irgendwann gepasst hat.

Jetzt ist die Stimme gut eingebettet in den Gesamtsound – dank Technik und Backing Vocals. Lässt sich das live spielen?

Anna Gréta: Ich glaube schon. Wir arbeiten gerade daran, das Material für die Bühne zu arrangieren, und hoffen, Anfang 2022 in Deutschland spielen zu können. Aber es sind verrückte Zeiten, das Booking ist extrem schwierig.

Der für mich stark an Norah Jones erinnernde Titeltrack „Nightjar in the Northern Sky“ ist so catchy, dass er sich gut als Single machen würde.

Anna Gréta: Ja, vielleicht. Danke für den Norah-Jones-Vergleich, ich mag sie sehr. Wir haben jetzt aber erstmal „Falling down“ als Single rausgebracht.

Wie war die Zusammenarbeit mit deinem Vater im Studio? Musstest du ihm sagen, wo es langgeht?

Anna Gréta: Nein, das musste ich gar nicht, er war so gut. Aber ich hätte nicht einen Moment gezögert, ihn zu korrigieren. Ich bin mit Musik aufgewachsen, mein Vater ist Jazzsaxofonist, und er hat schon Dutzende Alben aufgenommen. Aber es war das erste Mal, dass wir zusammengearbeitet haben. Er ist immer eine große Inspiration für mich gewesen.

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