Atemlos
Kleinganove Richard Gere will mit seiner Geliebten nach Mexiko fliehen – unterschätztes 80er-Jahre-Remake von "Außer Atem".
Der großmäulige Kleinganove Jesse Lujack (Richard Gere) will die Architekturstudentin Monica Poiccard (Valérie Kaprisky), mit der er in Las Vegas einige Nächte verbracht hat, dazu überreden, mit ihm ein neues Leben in Mexiko zu beginnen. Auf seinem Weg zu ihr gerät er in eine Polizeikontrolle – mit gestohlenem Wagen. Bei seinem Fluchtversuch schießt er im Affekt auf den Polizisten und trifft ihn tödlich. Als er schließlich in Los Angeles ankommt, will Monica zunächst nichts von ihm wissen – und sein Fahndungsfoto ziert bald die Titelseiten sämtlicher Zeitungen …
„Wir können nur vor dem Schlamm warnen, den die Ausläufer der ‘Neuen Welle‘ nunmehr in unsere Kinos schwemmen wollen“, urteilte 1960 die katholische Filmschau über Jean-Luc Godards Debütfilm „Außer Atem“. 1983 galt die eigenwillige Replik auf das amerikanische Gangsterkino längst als Klassiker – dafür wurde „Atemlos“, Jim McBrides Remake, von der Kritik gescholten. Die BluRay-Erstveröffentlichung im opulenten Mediabook ist nun ein willkommener Anlass, den Film zu rehabilitieren: „Atemlos“ ist ebenso beseelt vom Geist des Rock‘n‘Rolls der 50er-Jahre wie von der 80er-Jahre-Popkultur, und Jim McBrides imponierendes Gespür für Rhythmus wirft die Frage auf, weshalb nicht auch das Remake längst als moderner Klassiker gilt.
Richard Gere ist großartig in der Hauptrolle – trotz breitbeinigen Gebarens und exaltierter Posen sind seine Liebe zu Monica und die Sehnsucht nach einem neuen, besseren Leben in jedem Moment spürbar. Und sowieso steckt „Atemlos“ voller unvergesslicher Momente: Wenn sich am Ende Pianoakkorde von Philip Glass über Jerry Lee Lewis‘ „Breathless“ legen, sich Jesse und Monica hinter einer Kinoleinwand lieben, auf der der Film-Noir-Klassiker „Gun Crazy“ läuft, wenn McBride Zärtlichkeit und Poesie ausgerechnet in einem Silver-Surfer-Comic findet – dann besteht kein Zweifel mehr, dass es sich bei „Atemlos“ um einen sträflich unterschätzten Film handelt. Godards stilprägendes Original ist zum direkten Vergleich ebenfalls in der Edition enthalten und stellt doch das einzige Manko dar – natürlich ist „Außer Atem“ viel zu gut, um zur Beilage degradiert zu werden. Andererseits: „Atemlos“ hat die Aufmerksamkeit auch um einiges nötiger. (sb)