„Aufgestaut“: Aufgestaute Autofahrerwut auf ZDFneo
„Aufgestaut“, eine intensive Serie über die Dynamik des Hasses auf die Letzte Generation, läuft auf ZDFneo und kann in der ZDF-Mediathek gestreamt werden.
Vier noch junge Menschen und ein Rentner treffen sich am Morgen irgendwo in Berlin, um nur wenig später eine Kreuzung zu blockieren: Die Letzte Generation steht in der Miniserie „Aufgestaut“ auf ZDFneo und in der ZDF-Mediathek im Mittelpunkt des Geschehens. Korrektur: Sie sitzt im Mittelpunkt – die Blockierten stehen.
„Aufgestaut“: Die letzte Generation provoziert auf ZDFneo und in der Mediathek
„Aufgestaut“ nimmt sich nicht viel Zeit für die Eskalation: Kaum hat sich das Blockadequintett auf der Straße angeklebt, steht pikanterweise ein Porsche in Reihe eins, dessen Fahrer in den ersten beiden Folgen als einziger im Stau aggressiv wird, ohne einen konkreten Wunsch zu nennen: Sein Reichtum, der sich im fahrbaren Untersatz manifestiert, ist Legitimation genug. Hinter ihm steht der Paketfahrer Lew, noch in der Probezeit und von seinem Chef mit Sicherheit arbeitsschutzwidrig getrackt – ihm droht die Kündigung. Eine Cellistin muss zum Vorspielen, sie droht die Stelle im Orchester nicht zu kriegen, wenn sie den Termin nicht einhält und ein Vater muss seine vierjährige Tochter vom Kindergarten abholen. Zu kritisieren ist: Diese Fallbeispiele kommen daher wie auf dem Reißbrett entworfen, angehende Juristen könnten vielleicht im dritten Semester anhand Situation definieren, wer sich wann welchen Vergehens schuldig macht, in einer fiktiven Handlung aber widerspricht man gedanklich immer wieder. Klimawandel hin oder her: Hier wird zu sehr auf Einzelfälle geschaut, um so Selbstjustiz mit möglichen Gründen zu unterfüttern.
Vielleicht wirkt ja deshalb der Porschefahrer am glaubwürdigsten: Er muss seinen Hass nicht begründen, er kann ihn einfach ausleben. So egoistisch ausleben, dass er auch als erster den Durchbruch durch die Blockade schafft und mit aufheulendem Motor davornrauscht. „Aufgestaut“ ist nicht wegen seiner Glaubwürdigkeit gut. Die Serie besticht dort, wo man schlucken muss; wo der junge Finn (Adrian Grünewald, „Im Westen nichts Neues“, „Sløborn“ ) der zum ersten Mal dabei ist, verbaler und physischer Aggression ausgesetzt ist. Auch die neben ihm sitzende und schon erfahrenere Lena (Valerie Stoll, „Eldorado KaDeWe“) sieht sich immer wieder demütigenden Sekunden und Minuten ausgesetzt. Die Serie besticht, weil diese Form der Blockade eine im Grunde passive Aktion ist und die Aggression gegen die teilnehmenden Menschen deshalb umso brutaler wirkt. Lang ist die Serie nicht: Die sechs Folgen dauern zwischen 12 und 19 Minuten, aber sie haben es in sich. Als mit dem Polizisten Wuttke und seiner Kollegin Strasser das eigentliche Gewaltmonopol erstmals erscheint und die aggressiven Autofahrer in die Schranken weist, wird die Situation deshalb nicht besser.