Keine Ruhe nach dem Sturm
Die britische Serie „Bagdad nach dem Sturm“ erzählt einen spannenden Krimi im Nachkriegs-Bagdad. Jetzt in der Arte-Mediathek.
„Bagdad nach dem Sturm“ noch vor dem Sturm im März 2003: Sawsan al-Khafaji (Leem Lubany) wünscht sich, dass der Irak von den Amerikanern angegriffen und Saddam Hussein gestürzt wird. Ihr Vater Muhsin (Waleed Zuaiter) ist da viel skeptischer. Er ist aber auch Polizist im System Hussein. November 2003: Die USA haben den Irak besetzt, Saddam Hussein ist untergetaucht, Muhsin ist seinen Job als Polizist los; da verschwindet plötzlich Sawsan. Während Muhsin seine alten Kontakte als Polizist wiederbelebt, um seine Tochter zu finden, wird er plötzlich vom US-Militär verhaftet, gefoltert und verhört. Dann stellt sich heraus, dass man ihn verwechselt hat. Oder ist das nur vorgeschoben? Tatsache ist: Muhsin wird von den Amerikanern angeworben, er soll helfen, nach einem verschwundenen Amerikaner zu suchen. Captain John Parodi (Corey Stoll) ist sein Verbindungsmann, während der Brite Frank Temple (Bertie Carvel) vor ihm gegen Parodi agitiert und versucht, sich das Vertrauen Muhsins zu erschleichen. Doch der macht eh nur sein Ding.
Muhsin geht auf den Deal ein und wird zum Informanten der Amerikaner und Briten. Als Gegenleistung erhält er für seine zweite Tochter Mrouj (July Namir) beste medizinische Behandlung im US-Krankenhaus. Mrouj ist nierenkrank und braucht dringend regelmäßige Dialyse. Muhsin spielt doppeltes Spiel mit Parodi und Temple, weil ihn weiterhin interessiert, wo Sawsan stecken könnte, die, wie sich herausstellt, ebenfalls für die Amerikaner gearbeitet hatte. War sie im Widerstand? Was weiß die Professorin Zubeida Rashid (Clara Khoury)?
Die Serie „Bagdad nach dem Sturm“ (im Original „Bagdad Central“), die jetzt in der Arte-Mediathek steht und am 8. sowie 15. April auf Arte ausgestrahlt wird, ist ein klassischer Krimi in einem Land voller Verwerfungen, in dem es nach einem Krieg drunter und drüber geht; die Staatsgewalt funktioniert nicht, die aktuellen Machthaber können unkontrolliert agieren können, gleichzeit aber müssen sie immer mit einem Hinterhalt rechnen. Schon nach wenigen Folgen wird sowohl der Charakter Muhsins immer schillernder als auch die Figuren Parodi und Temple abwechselnd dubioser und undurchschaubarer. Zum süchtig machenden Score von H. Scott Salinas spielt Waleed Zuaiter („Homeland“, „Männer, die auf Ziegen starren“) als Muhsin einen verdammt guten Part in einem Krimi voller glaubwürdiger Twists. „Bagdad nach dem Sturm“ erzählt eine spannende Geschichte in einer Zeit der Zäsuren, die längst vergessen ist, obwohl sie das eben genau nicht sein sollte. jw