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Birdy: Neuland in Sicht

Birdy veröffentlicht nach fünf Jahren Plattenpause ihr neues Album „Young Heart“
(Foto: Lotta Boman)

Nach einer schmerzhaften Trennung musste Birdy ihren Weg aus einer Schreibblockade finden – und hat dabei alles losgelassen, was ihre Musik bislang ausgemacht hat.

Jasmin, dein letztes Album „Beautiful Lies“ als Birdy ist vor fünf Jahren erschienen. Warum hast du dir für „Young Heart“ eine Auszeit genommen?

Jasmin van den Bogaerde: Seit ich 14 war und mein Cover von Bon Iver’s „Skinny Love“ erschienen ist, habe ich ein Album nach dem anderen veröffentlicht und beinahe nonstop getourt. Ich wollte mir etwas Zeit nehmen, und am Anfang war das so etwas wie mein Gap Year. (lacht) Ich wollte Inspiration finden, etwas Neues, worüber ich schreiben kann, aber auch einfach ganz normale Dinge erleben. Aber „Young Heart“ hat auch viel mit Kummer zu tun. Ich war in einer sehr langen Beziehung, die zu Ende gegangen ist, und das war anfangs sehr schwer. Ich hatte eine schlimme Schreibblockade – obwohl es jede Menge Ideen für Songs gab. Es war nur zu schmerzhaft, sie zu Ende zu schreiben.

Du bist in der Zwischenzeit viel auf Reisen gewesen. Hat dir das geholfen, deine Schreibblockade als Birdy zu überwinden?

Van den Boagerde: Ja und nein. Ich bin viel unterwegs gewesen, ich war mit meiner Schwester drei Monate lang in Indien, und habe zwischenzeitlich immer wieder versucht, am nächsten Album zu arbeiten. Anfangs habe ich gedacht, dass mich das Reisen heilen würde – was es natürlich nicht getan hat. (lacht) In Los Angeles hat sich das Schreiben und Musikmachen für mich zum ersten Mal wieder richtig angefühlt. Ich habe dort in einer Hütte in den Santa Monica Mountains gelebt, was sich auf dem Album niederschlägt. „Young Heart“ hat so ein Laurel-Canyon-Feeling, finde ich.

Von Los Angeles aus bist du nach Nashville gefahren, wo du auch zwei Menschen begegnet bist, die „Young Heart“ sehr geprägt haben.

Van den Bogaerde: Ja, die Zeit in Nashville war unglaublich produktiv. Dort habe ich Ian Fitchuk und Daniel Tashian kennengelernt, die „Young Heart“ zu einem großen Teil produziert und mit mir an einigen der Songs geschrieben haben.

L.A. und Nashville – haben diese Orte selbst auch ihre Spuren auf dem neuen Album hinterlassen?

Van den Bogaerde: Ich denke schon, besonders Nashville. Diese Stadt ist voller toller Musiker, und sie alle sind großartige Geschichtenerzähler. Für die Songs auf „Young Heart“ habe ich mich von Joni Mitchell und Nick Drake inspirieren lassen: Ihre Texte sind so intim, wie ein Gespräch. Sie erzählen eine Geschichte. Nashville und die Menschen, die ich dort getroffen habe – das war das perfekte Setting, um diese Songs aufzunehmen.

War es nicht besonders schwierig, deine noch sehr neuen Gefühle als Birdy nicht hinter abstrakten Texten zu verstecken?

Van den Bogaerde: Damit hatte ich tatsächlich zu kämpfen. „Young Heart“ handelt viel von Konflikten, und ein Teil davon ist auch mein innerer Konflikt bei der Arbeit am Album: zu wissen, ob es der richtige Schritt ist, all diese Gefühle in den Songs auftauchen zu lassen, der ganze Sound, mit wem ich arbeiten wollte … Es war schwer, aber dadurch bin ich auch stärker mit dem Album und den Songs darauf verbunden.

Gab es Momente, in denen du all diese persönlichen Stücke über Bord werfen wolltest?

Van den Bogaerde: Oh ja, andauernd. (lacht) Ich habe mich ständig gefragt: (gespielt angsthaft) Will ich das wirklich machen? Aber letzten Endes wollte ich es schaffen, dass meine Musik die Menschen wirklich erreicht. Und auf meinem letzten Album bin ich es sehr müde gewesen, mich so zu fühlen, als würde ich eine Figur spielen.

Als kulturnews dich 2013 zu deinem zweiten Album „Fire within“ interviewt hat, hast du davon gesprochen, dass es sich wie ein Neuanfang für dich anfühlt. Nach deinem ersten, sehr erfolgreichen Coveralbum war es die erstes Platte als Birdy mit eigenen Songs. Fühlt sich die Situation jetzt genau so an?

Van den Bogaerde: Ich habe wirklich das Gefühl, dass „Young Heart“ auf eine Art mein erstes Album ist. Ich bin so jung gewesen, als ich angefangen habe, Musik zu machen, und ich wusste noch gar nicht, was ich eigentlich wollte. Ich habe die Songs von früher zwar geschrieben, und ich war in alles involviert – und doch war das nicht wirklich ich auf diesen Alben. Das hier fühlt sich am echtesten an. Aber vielleicht sage ich das ab jetzt bei jeder Platte … (lacht) Man verändert sich, und dann sagt man: Das bin jetzt wirklich ich. Aber es ist jedes Mal nur ein neuer Teil einer Entwicklung, die nie zu Ende ist.

War es deshalb besonders wichtig für dich, reduzierter zu arbeiten, und diesen neuen Teil von dir ohne jegliche Theatralik kennenzulernen?

Van den Bogaerde: Definitiv. Mich faszinieren Musikerinnen wie Etta James und Nina Simone. Wie spontan und ungekünstelt jede Performance bei ihnen ist, als hätten sie nur einen Take gemacht! Wenn ich zu Hause nur für mich singe, singe ich ganz anders, als ich es bisher im Studio getan habe. Das ist mir aufgefallen, und ich habe mich gefragt, warum ich mich verstelle und nicht teile, wie ich tatsächlich klinge. Das wollte ich einfangen. Das Ruhige und das Zerbrechliche.

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