Looking for Frieden: Blondshell über neues Album „If you asked for a Picture“

Sabrina Teitelbaum alias Blondshell sucht in ihrem neuen Album „If you asked for a Picture“ nach Antworten, aber findet nur Fragen. Wir haben mit der Indierock-Musikerin gesprochen.
Sabrina, was war dein erstes Konzert?
Sabrina Teitelbaum: Die Rolling Stones im Madison Square Garden. Ich war sieben und hellauf begeistert.
Sieben ist echt jung.
Teitelbaum: Mein Vater liebt Rockmusik und Musik insgesamt, er hat mich zu diesen Shows immer mitgenommen. Ich habe das total geliebt, und im Grunde war meinen Eltern und mir eh
immer schon klar, dass ich auch selbst Musikerin werden würde.
Die Stones haben die Latte natürlich sehr hochgelegt.
Teitelbaum: Ja und nein. Sie waren toll, aber sie waren auch um die 60 und längst nicht mehr auf dem allerhöchsten Energielevel. Das konnte ich aber erst später wirklich beurteilen, als ich mir mehr und mehr junge Bands angeschaut und ständig in meinem Lieblingsclub Terminal 5 in Manhattan abgehangen habe. Den Hunger, den ich bei Bands wie den frühen Haim, Foals oder Cage The Elephant gesehen habe, die unbedingt vorwärtskommen und etwas bewegen wollten, der hat mich richtig mitgerissen.
Wie hungrig bist du selbst? Dein Debütalbum „Blondshell“ war vor zwei Jahren erfolgreich und sehr beliebt. „If you asked for a Picture“ ist nun ein Album, gespickt mit großen Indierock-Melodien.
Teitelbaum: Der Hunger ist groß. Aber auch der Druck. Einerseits von mir selbst, andererseits von der Gesellschaft. „23’s a Baby“ handelt davon, wie die Generation meiner Großeltern quasi gedrängt wurde, mit Anfang, Mitte 20 Kinder zu bekommen. Diesem Druck fühle ich mich nicht ausgesetzt, aber bei mir war es die Erwartung, es bis zu diesem Alter als Musikerin zu etwas gebracht zu haben. Ich erinnere mich, dass ich 25 geworden bin und gedacht habe: „Verdammt, das muss jetzt klappen“. Als es mit „Blondshell“ gut gelaufen ist, war ich extrem erleichtert. Jetzt werde ich 28 und bin dankbar, dass ich ein bisschen etabliert bin.
Ist es als Frau nach wie vor schwerer, in der Musikwelt Fuß zu fassen?
Teitelbaum: Ja, natürlich. Die Männer haben die Macht. Und sie denken gar nicht daran, von dieser Macht etwas abzugeben, schon gar nicht an Frauen. Vieles ist immer noch ein Kampf, und wenn die Künstlerinnen von den 70er-Jahren bis heute sich diesem Kampf nicht gestellt hätten, könnte ich wahrscheinlich heute nicht meine Musik so rausbringen, wie ich das will.
Du warst zuletzt mit der 90er-Indie-Ikone Liz Phair auf Tournee.
Teitelbaum: Ja, und ich weiß, welchen Hürden und Herausforderungen sie gegenüberstand. Und wie bravourös sie diese bewältigt hat. Liz ist eine absolute Inspiration. Auf dem neuen Album singst du viel über die Liebe.
Du lebst mit deinem Freund und eurem Schäferhund in Los Angeles. Hast du das mit der Liebe nun verstanden?
Teitelbaum: (lacht) Das wird sich zeigen. Ich habe dieses Mal vor allem in vergangenen Beziehungen gebuddelt. Teilweise richtig tief. Und mir dabei eine Menge Fragen gestellt, etwa, ob meine Mutter eine gute Mutter war, oder ich eine gute Tochter.
Macht es Spaß, so im Inneren zu wühlen?
Teitelbaum: Nein. Es ist intensiv. Aber Spaß macht es nicht. Auch ergeben sich trotz der vielen Fragen nur sehr wenige Antworten. Gerade auch in Bezug darauf, wie ich mein Leben leben
möchte.
Warum das?
Teitelbaum: Weil sich die Antwort dauernd ändert. Ich weiß eigentlich nur, dass ich mir ein friedliches Leben wünsche.