Brad Mehldau: Suite: April 2020
Brad Mehldau war schon mal deutlich progressiver. Aber sein Kommunikationsbedürfnis war selten so spürbar, wie jetzt, in Zeiten von Corona.
Als musikalischen Schnappschuss des Lebens in den letzten Monaten beschreibt Brad Mehldau sein neues Album und liefert den zeitlichen Referenzpunkt gleich mit: April 2020. Man muss kein Hellseher sein, um zu erahnen, dass bei den Stücken, die Mehldau allesamt im Frühjahr dieses Jahres geschrieben hat, vor allem eines im Fokus steht: das Leben während der Pandemie. Wie die Stücke klingen würden, wenn es diesen Kontext nicht gäbe, lässt sich nur schwer sagen. Die programmatischen Titel der größtenteils reduzierten Klavierkompositionen bestimmten die Hörhaltung mit.
Wenn Mehldau etwa auf „Keeping Distance“ mit zwei kontrapunktischen Stimmen das Social-Distancing nachahmt oder auf „remembering before all this“ den Blick auf die deutlich leichtere Zeit vor Corona wirft, dann fällt es schwer, nicht auch über die eigene Position in Bezug auf das Gehörte nachzudenken. Rein kompositorisch (und improvisatorisch) war Brad Mehldau in der Vergangenheit schon mal deutlich progressiver. Aber sein Kommunikationsbedürfnis war selten so spürbar wie auf diesem Album.