Neu fürs Heimkino: „Berlin Alexanderplatz“
Ein Klassiker, ganz modern: Regisseur Burhan Qurbani interpretiert Alfred Döblins Roman der 20er-Jahre für die von Migration geprägte Gegenwart neu.
Das muss man sich erst einmal trauen: 40 Jahre nach Rainer Werner Fassbinders legendärer TV-Serie nimmt sich Burhan Qurbani diesen Klassiker der deutschen Literatur vor. Mehr noch: Burhan Qurbani hievt Döblins Roman in die Gegenwart. Aus dem Ex-Knacki Franz Biberkopf wird Francis aus Guinea-Bissau, der die Flucht übers Mittelmeer nur knapp überlebt hat und nun in Berlin gestrandet ist. Wie das literarische Vorbild sehnt er sich nach einem ehrlichen Leben, rutscht aber wie viele andere afrikanische Migranten in den Drogenhandel. Und so erzählt Qurbani in seiner Neuinterpretation von Rassismus und von den Unterprivilegierten in der heutigen Gesellschaft, ohne den Geist der Romanvorlage zu verraten. Dafür sorgen auch die mit ihrer expressiven Farbigkeit überwältigenden Bildern. Dass diese moderne Halbwelt- und Großstadtgeschichte über drei Stunden hinweg fesselt, ist zudem ein Verdient der Darsteller: Welket Bungué als Francis ist eine Entdeckung; Albrecht Schuch als dessen mephistophelischer Freund Reinhold und perfider, krimineller Verführer liefert ein schauspielerisches Meisterstück. Und Jella Haase als Sexarbeiterin Mieze und Francis‘ Geliebte beweist nun auch dem letzten Zweifler, dass sie noch viel mehr draufhat als ihre Chantal in „Fack Ju Göthe“. Axel Schock
Berlin Alexanderplatz ist jetzt auf DVD und Blu-ray erschienen