Bush
Bloßes Nirvana-Plagiat oder Original? Kaum eine andere Band ist so umstritten wie Bush. Während die Fans die Briten vergöttern, nehmen die Medien das Quartett immer wieder unter Beschuss. Mit ihrem neuen Album „The Science of Things“ (Motor), das sie nun live vorstellen, wollen die Bushmänner ihre Eigenständigeit beweisen.
Wo steckt Gavin? „Der ist leider nicht mehr ganz nüchtern“, murmelt der Mann von der Plattenfirma verlegen. Weil der Bush-Frontmann blau macht, muss Gitarrist Nigel Pulsford beim Interview einspringen. Nervt es ihn nicht, die ewige Nummer zwei zu sein? Nigel schüttelt den Kopf: „Als Sänger steht Gavin nun mal im Mittelpunkt. Mir macht das nichts aus. Denn ich will einfach nur Musik machen.“
Was Nigel viel mehr ärgert, sind die ewigen Attacken der Presse. Zumindest die britischen Journalisten warfen der Band bereits bei ihrem 94er-Debüt „Sixteen Stone“ vor, sie sei ein billiges Abziehbild von Nirvana. „Völliger Blödsinn“, ereifert sich der Gitarrist. „Wenn diese Vorwürfe gerechtfertigt wären, würde es uns gar nicht mehr geben.“ So ganz aus der Luft gegriffen scheinen die Vergleiche mit den Seattle-Ikonen allerdings nicht zu sein. Immerhin hat Nirvana-Produzent Steve Albini beim Bush-Zweitling „Razorblade Suitcase“ Hand angelegt. Was Nigel nun doch zu dem Bekenntnis veranlasst: „Beeinflusst haben uns Nirvana oder Mudhoney natürlich schon. Weil sie Gitarrenmusik wieder populär gemacht haben.“
Wie dem auch sei, beim neusten Werk „The Science of Things“ sind die Gitarrenriffs deutlich härter und krachiger ausgefallen als bei den drei Vorgängern. „Normalerweise spielen wir Platten innerhalb von zweieinhalb Monaten ein“, erklärt Nigel. „Aber an dieser Scheibe haben wir fast ein halben Jahr gefeilt“ – nachdem Gavin Rossdale in Irland bereits die Vorarbeit geleistet hatte: Fürs Songwriting hatte sich der Sänger in eine winzige Berghütte zurückgezogen.
Die Einöde inspirierte den smarten Bush-Frontmann offenbar mächtig. Seine Texte fallen allerdings manchmal so kompliziert aus, dass selbst Nigel & Co. ratlos sind. „Ich verstehe längst nicht alles“, gesteht der Gitarrist. Was er aber mit Sicherheit weiß: Das Album rockt. Und wie.
Dagmar Leischow