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Bye, bye, Lolita

Die Geigenvirtuosin Vanessa-Mae ist erwachsen geworden. Klare Worte über die neue CD, nasse T-Shirts und böse Kritiker.Interview: Dagmar Leischow

kulturnews: Vanessa-Mae, würdest du eigentlich gerade lieber Tango tanzen?

Vanessa-Mae: Äh … nein. Ich bin eine miserable Tänzerin. Aber vielleicht werde ich für meine Tournee einige Schritte einstudieren.

kulturnews: Stehst du mehr auf Clubbing als auf Gesellschaftstänze?

Vanessa-Mae: Das ist auch nicht meine Welt. Wenn ich in einen Club gehe, stehe ich erst mal schüchtern am Rand der Tanzfläche. Ich taue erst nach einigen Gläsern Tequila auf.

kulturnews: Du und schüchtern? Glaube ich nicht.

Vanessa-Mae: Ist aber so! Ich gehe nur auf Partys, wenn ich einen Begleiter mitbringen darf. Allein fühle ich mich unter Fremden unwohl. Ich weiß nicht, worüber ich mit ihnen reden soll.

kulturnews: Lässt du lieber noch immer sexy Fotos für sich sprechen?

Vanessa-Mae: Immer diese alten Geschichten! Als ich mich auf Ibiza für einen Videodreh in einem nassen T-Shirt filmen ließ, war ich 15. Mit 25 zeige ich nicht mehr so viel Haut.

kulturnews: Willst du keine Geigen-Lolita mehr sein?

Vanessa-Mae: Ach, die Kritiker haben sich doch früher nicht nur über meine Outfits aufgeregt. Auch meine Musik passte ihnen nicht. Dass ich Bach modernisiert habe, war vor zehn Jahren ein Skandal. Und heute reißen sich die Plattenfirmen um Crossover-Künstler.

kulturnews: Wahrscheinlich, weil sie damit Jugendliche für Klassik begeistern wollen.

Vanessa-Mae: Die Kids werden immer Pop vorziehen. Aber wenn sie Freunde zum Essen einladen, wollen sie nicht unbedingt Rap hören. Eine moderne Mozart-Version passt da viel besser. Insofern kann man mit Crossover eine Brücke zwischen Pop und Klassik schlagen.

kulturnews: Und warum gibt’s dann auf deiner CD Weltmusik statt Wolfgang?

Vanessa-Mae: Obwohl ich Tänze aus aller Welt spiele, passen meine Stücke nicht in dieses Genre. Weltmusik – das sind für mich diese öden Klänge, die Masseure auflegen. Meine Songs sind viel kraftvoller.

kulturnews: Dabei erwartet man von einer Geigerin eher zarte Töne.

Vanessa-Mae: Leider! Für die meisten Menschen ist die Violine wie ein zierliches, wertvolles Püppchen. Damit tun sie diesem Instrument unrecht. Es ist so stark wie ein Mann.

kulturnews: Bist du es als Wunderkind gewohnt, immer die erste Geige zu spielen?

Vanessa-Mae: Glaub’ ja nicht, dass ich als Mädchen irgendwelche Entscheidungen selbst treffen konnte. Meine Mutter managte mich und trieb mich dauernd zur Arbeit an. Zum Glück ist diese Zeit vorbei. Heute achte ich darauf, dass mein Privatleben nicht zu kurz kommt.

Choreography ist seit Ende September im Handel.

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