„Calls“: Der Horror kommt durchs Telefon
Hörspielhorror mit digitalier Visualisierung: Die Serie „Calls“ des Regisseurs Fede Álvarez kann jetzt auf Apple TV+ gestreamt werden.
Regisseur Fede Álvarez („Don’t Breathe“, „Evil Dead“, „Verschwörung“), der Meister des Nervenzerfetzenden, hatte die gleichnamige Thrillerserie bereits für das französische Fernsehen produziert, jetzt liefern er und Ideengeber Timothée Hochet die Thrillerserie „Calls“ für Apple TV+ noch einmal ab. Telefonate zwischen einem Mann und zwei Frauen sowie zwischen einzelnen von ihnen und der Polizei entfalten in der ersten Folge nicht nur ein Beziehungsdrama, sondern auch eine Horrorstory, die die Beziehungsprobleme immer mehr überlagert und eine große Gefahr heraufbeschwört. Und damit das klar ist: Man kann „Calls“ durchaus als Hörspiel bezeichnen. Die einzige Visualisierung ist eine magere digitale Pixelwelt, die man am ehesten als Ausdruck der immer panischeren Gefühlslage der beteiligen Menschen bezeichnen kann. Außerdem – weil das gesprochene Wort sehr hektisch, schnell und abgehetzt rüberkommt und außerdem in oft digital verzerrter Telefontonqualität zu hören ist – wandern die Worte strukturiert nach Personen mal deutlich, mal undeutlich durchs Bild. Wobei der Begriff „Wandern“ angesichts der manchmal erreichten Geschwindigkeit eine maßlose Untertreibung ist.
Auf Basis der Sichtung der ersten 20-minütigen Folge kann man sagen, dass „Calls“ eine Binge-Watcher-Serie der ganz besonderen Güteklasse ist. Hier wird ein Genre ausprobiert, das es so noch nicht gab und das nur aufgrund der eigenen Fantasie eine unheimliche Spannung aufbaut. Die Gefahr, so sehr sie sich für die Menschen realisiert, wird in Panik, Hektik und dem ganzen Durcheinander nicht benannt und entfaltet gerade dadurch ihre brutale Stärke. Unsere Fantasie wird Zeugin dieses Horrors und entwickelt ständig Bilder dessen, was nicht ausgesprochen wird. Diese Serie sollte man unbedingt im dunklen Raum sehen. jw