Carrie: Stephen King auf der Musicalbühne
Das Musical „Carrie“ feierte gestern im ausverkauftem First-Stage-Theater in Hamburg vor einem begeisterten Publikum Premiere.
Stephen King als Musical? Geht das denn? Ja! In Hamburg feierte gestern „Carrie – Das Musical“ im First Stage Theater vor begeistertem Publikum Premiere. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die da verhandelt wird. Sie zeigt eine Schülerin, die – aufgerieben von einer fanatisch-religiösen Mutter auf der einen und von Mitschülern der übelsten Mobbingsorte auf der anderen Seite – zunehmend verzweifelt und dann merkt, dass sie übernatürliche Kräfte besitzt.
Doch anders als im Horror-Klassiker Stephen Kings konzentriert sich die Musical-Geschichte lange auf die psychologischen Aspekte, auf den Kampf im Klassenverbund zwischen Neid, Häme und Aggression auf der einen sowie Solidarität, Freundschaft und Empathie auf der anderen Seite. Regisseur Felix Löwy und Choreograf Phil Kempster haben die Entwicklung hin zur Katastrophe dramaturgisch perfekt getaktet. Die Absolventinnen und Absolventen der Stage School Hamburg, allen voran Lorena Dehmelt als Carrie, zeigen Mobbing an der Schule glaubwürdig, vor allem aber gelingt ihnen allen eine Feinzeichnung der Charktere – an Musicalbühnen alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Was dieses Musical heute wieder aktuell macht, ist der fundamentalistische Glaube von Carries Mutter, die in allen weltlichen Dingen den Teufel am Werk sieht. Maya Hakvoort – ein Star der deutschsprachigen Musicalszene – spielt Margaret White perfekt in einer üblen Mischung aus Opfer und Unterdrückerin, ihre passive Aggression gegenüber der Tochter ist pathologisch bis in den Kern.
„Carrie – Das Musical“ wird es schwer haben. Nicht weil die Uraufführung am Broadway 1988 so desaströs verlief, dass die Sponsoren sich sofort zurückzogen, nein. „Carrie“ ist eine Titanic der zwischenmenschlichen Beziehung, es hat – ich habe nicht nachgezählt, sage es aber trotzdem – sicher die zweithöchste Sterblichkeitsrate nach „Titanic“ und ist alles andere als ein Freudenspender. Kann ein solches Musical Erfolg haben? Stage-School-Chef Thomas Gehle, der auch Produzent von „Carrie“ ist, erzählte in seiner Rede vorab in souveränem schwarzen Humor von schlechten Vorverkaufszahlen. Sein Appell an alle Zuschauer war: Erzählt weiter, wie gut dieses Musical ist! Dem ist nichts hinzuzufügen.
Carrie – Das Musical läuft noch bis 15. Juli, Mi–Mo, 19.30 Uhr