Chelsea Wolfe: Birth of Violence
Selten war Chelsea Wolfes Kosmos so harmonisch und rund wie auf „Birth of Violence“.
Im Okkultismus und der Numerologie ist die Sechs die Zahl der Schöpfung: Sie gilt als Symbol des göttlichen Equilibriums und der Symmetrie der Gegensätze. Davon mag man halten, was man will, aber bei Chelsea Wolfe drängen sich solche Assoziationen schon auf: Die Goth-Revivalistin hat von jeher schon einen Bezug zum Okkulten, und in ihrer Musik sucht sie sich ihre Bezüge frei zwischen Folk, Metal, elektronischen Störgeräuschen und Streicher-Bombast aus. Es ist also nicht verwunderlich, dass sie auf ihrem sechsten Album die Harmonie zwischen ihren diversen Einflüssen sucht – und das mit Erfolg.
Chelsea Wolfe war schon immer eine hervorragende Dramaturgin; deswegen kann sie mit großem Streicher-Klagen ebenso gut arbeiten wie mit unterkühlten Beats oder Noise- und Feedbackwänden. Mit „Birth of Violence“ besinnt Wolfe sich indes auf ihre Wurzeln in der amerikanischen Folktradition. Die Stilrichtungen, die sie sich im Laufe der letzten acht Jahre erschlossen hat, kommen hier als souverän gesetzte Akzente zum Vorschein, die den atmosphärischen Kern ihrer reduzierten Folksongs ergänzen. Diese Reduzierung gibt Wolfes Theatralik so viel nötigen Raum, wie seit „Pain is Beauty“, ihrem dritten Album nicht mehr. Selten war Chelsea Wolfes Kosmos so harmonisch und rund wie auf „Birth of Violence“. Dunkel ist er trotzdem – aber er schillert ein wenig. jl