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Christian Kreuz

Dakar & Grinser sind Geschichte, doch Christian Kreuz suhlt sich weiter gern im Matsch aus Elektro, Rock und Funk – jetzt aber auf deutsch und ohne große Derbheiten. Außer es geht gegen Markensklaven und Möchtegerndichter.

_ulysses: Christian, dein Album heißt „Diktatur des Kapitals“, du wetterst gegen Konsumterror, Gucci und Prada. Warum machen dich Designermarken so aggressiv?

Christian Kreuz: Es geht mir um diesen übertriebenen Markenwahn. Ich habe nichts gegen gutes Design. Und wenn Gucci eine Brille rausbringt, die mir gefällt, dann trag ich die halt. Ich habe sogar eine Brille von Gucci. Aber sobald der Name ganz groß drauf stehen würde, wäre es für mich schon wieder vorbei.

_ulysses: Wenn du also die Wahl hättest zwischen einer ähnlich designten No-Name-Brille und deiner Salvatore Ferragamo, die hier liegt …

Kreuz: Dann finde ich es cooler, wenn es eine No-Name-Marke ist.

_ulysses: Im Song „Küss mich“ heißt es, du willst keine Stütze kassieren, weil du ein Staatsfeind bist. Die Logik verstehe ich nicht.

Kreuz: Ich finde die eigentlich ganz klar. Ich habe einfach kein Vertrauen in den Staat, weil ich ihn als ohnmächtig empfinde, was das Wohl der Menschen angeht. Er hat keine Chance gegen die Konzerne. Und weil er uns trotzdem Lächerlichkeiten vorschreibt, wie wir zu leben, was wir zu lassen haben. Nehmen wir die Drogenpolitik: Wenn ich auf verschiedenen Gebieten ausgebeutet werde und immer mehr Abstriche bei meiner Lebensqualität machen muss, dann möchte ich mir auch aussuchen, wie ich darüber am besten hinweg komme. Da ist es eigentlich ganz klar, dass Leute Drogen nehmen.

_ulysses: Bist du ein politischer Mensch?

Kreuz: Eher nicht. Ich sehe das Album auch nicht als Politplatte. Es geht mir viel mehr darum, wie mein Leben aussieht in dieser Welt. Und genau wie in jeder anderen Diktatur passieren ja trotzdem Sachen wie Liebe. Beispiel Kuba: Den Leuten geht es extrem dreckig, aber sie feiern trotzdem.

_ulysses: Viele deiner Songs haben sexy Texte. Bekommst du Reaktionen darauf bei Konzerten?

Kreuz: Na klar, die Frauen reißen sich die BHs vom Leib! … Die Mädels mögen das schon, und die Jungs auch. Wir haben jetzt zwei Konzerte gegeben, die sind super gelaufen. Manche haben sogar hysterisch gekreischt.

_ulysses: Bei einem der Auftritte habt ihr mit den Hamburger Postrockern Kettcar gespielt. Passt nicht zusammen, oder?

Kreuz: Überhaupt nicht. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe mir Kettcar auch nicht angehört. Ich stehe eher auf direkte Sachen. Und wenn schon, dann muss es auch richtig gute Lyrik sein. Blumfeld zum Beispiel finde ich hervorragend, aber das können halt nur sehr wenige. Jeder versucht so zu klingen und so zu texten – aber dann kommt halt so eine Studentenscheiße dabei heraus.

Interview: Melanie Stanszus

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