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Clairo: „Immunity“

Clairo veröffentlicht ihr Debütalbum „Immunity“.
(Albumcover)

Auf ihrem lang erwarteten Debüt gibt Clairo intime Einblicke in ihre Gedankenwelt – und entfernt sich dennoch vom Schlafzimmer-Pop ihrer vorigen Veröffentlichungen.

Es ist zwei Jahre her, dass Clairo mit ihrem Video zu „Pretty Girl“, in dem sie Vereinnahmungsprozesse durch einen misogynen Partner beschreibt, einen viralen Hit gelandet hat; dass sie dazu, ihrem beiläufigen Tonfall angepasst, selbstverloren Unsinn vor der Webcam macht, verstärkt nur die Absage an den toxischen Ex. Der Song ist auf der „Diary 001 EP“ aus dem letzten Jahr zu finden, ein musikalisches Teenager-Tagebuch voller lakonischer Beobachtungen in prägnanten Zeilen.

Im Grunde knüpft Clairo mit ihrem Debütalbum „Immunity“ genau dort an, musikalisch allerdings hat sie die Weichen neu gestellt: War die EP noch von elektronisch grundiertem Lo-Fi-R’n’B geprägt, klingen die Songs auf „Immunity“ weit weniger homemade –das Etikett Bedroom-Pop darf man Clairos Musik trotzdem guten Gewissens verpassen –, und erstmals schöpft die 20-Jährige aus den Möglichkeiten, die ihr als Multiinstrumentalistin zur Verfügung stehen. Mit der Single „Bags“ hat Clairo schon mal den bisher besten Indiepop-Song des Jahres vorausgeschickt: Ein klimperndes Piano und ein Synthesizer umtanzen einander melodisch, während Clairo über eine Beziehung assoziiert und die auf dem Album auch sonst sehr präsenten 90er-Jahre-Alternative-Gitarren sowie Danielle Haims Schlagzeug eine beschwingt-sehnsüchtige Grundierung liefern.

Auch auf Albumlänge bleibt der Song einer der magischen Momente. Dabei ist der Rest kaum weniger hörenswert: „Immunity“ ist auch Zeugnis einer technologischen Zeitenwende, indem Clairos Musik als Post-Internet-Pop lesbar ist, der eklektisch, profund und vorbehaltlos im schier unerschöpflichen Pool zeitgleich verfügbarer Musik wildert – in „Closer to you“ schließt Clairo ihren Dreampop mit der Atmosphäre von Trap kurz, „Alewife“ bettet sanfte Pianoanschläge auf schwelende Gitarrenverzerrungen, „Sofia“ klingt wie ein vergessenes Strokes-Kleinod, „Feel something“ wie eine DIY-Version von Lorde; wer will, hört auch mal Mazzy Star, Pavement, Grandaddy oder Vampire Weekend raus, deren Exmitglied Rostam Batmanglij auch produziert hat. Ob das alles auf musikalischen Studien oder verschwommen Erinnerungen an zufällig in Playlists Aufgeschnapptes basiert, ist dabei am Ende vollkommen egal: Was „Immunity“ so großartig macht, sind natürlich vor allem die Songs selbst.

„Immunity“ kommt am 2. August. Hier könnt das Album bei Amazon bestellen.

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