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Cristian Vogel

Nach vier Alben für das Tresor-Label ist der britische Ausnahmeerscheinung Cristian Vogel nun zu novamute gewechselt. Seine neue CD „Rescate 137“ spielt mit der Wahrnehmung seiner Hörer: Was ist echt, was synthetisch bei seinen kunstvoll-sperrig verwobenen Techno-Samples? „Glaub‘ nie, was deine Ohren zu hören scheinen“, sagt Vogel und lächelt verschmitzt.

city.mag: Dein Album von 1996 hast Du programmatisch „All Music has come to an End“ betitelt. Hat sich das von heutiger Warte aus für Dich bewahrheitet?

Christian Vogel: Es war nicht wirklich als eine Vorhersage gemeint. Es war eine Reflektion, eine Art Philosophie und eigentlich sollte ein positives Statement sein, Dahinter stand die Idee, dass durch die neuen Technologien die Musik ein Ende und zugleich einen neuen Anfang finden könnte – jenseits der Musikindustrie. Durch die Technologien wurde die Musik plötzlich offen für jedermann. Jeder kann kreativ sein, kann neue Formen von Musik kreieren. Doch heute, im Jahr 2000, hat der Markt, die Musikindustrie immer noch die Macht, selbst über uns unabhängige, Independentmusiker. Leider. Das beeinflusst unsere Arbeit mehr als uns lieb ist. Ohne Geld wenig Kunst. Und für uns gibt es nun mal nur wenig Geld. Zu wenig, um wirklich große Ideen umsetzen zu können

city.mag: Ist Techno inzwischen nicht doch an einem Ende angelangt? Eine wirkliche Entwicklung findet doch kaum noch statt.

Vogel: In gewisser Weise schon. Techno im ursprünglichen Sinne bedeutete Bewegung, Innovation., sichtbare Veränderung. Diese Dynamik hat sich über weite Strecken verloren. Aber sie ist immer noch zu finden. Ich habe es zum Beispiel mit meinem Album versucht und ich habe hart dafür gearbeitet, den Zeitgeist in meiner Musik einzufangen.

Letztlich ist das auch ein Generationsproblem. Viele von uns älteren kennen einfach schon alles, drehen sich im Kreis und wissen nicht, was die jüngeren spannend finden. Sie haben bereits ein ganz anderes Musikverständnis.

city.mag:Wie alt bitte bist Du?

Vogel: 27. Da gehört man leider in unserer Branche bereits zu den betagten Herren.

city.mag: Du hast eine ordentliche Hochschulausbildung in elektronischen Musik hinter Dir. Sind das für Dich Deine Wurzeln?

Vogel: Ich habe dort drei Jahre studiert. Ich habe davor Musik gemacht, währenddessen und danach. Ich habe das Handwerk gelernt, aber ich war nie in der Kunstszene oder mit konzeptioneller Musik involviert. Ich wollte nie ein Komponist sein. Ich hatte immer mehr Spaß mit big beat, snare drums, Danceflore-Musik und heftigen Bässen.

city.mag: Dr. Motte und DJ Westbam sind mit „Love Parade 2000“ in die Top 10 der deutschen Verkaufscharts gelangt. Klingt das für Dich nicht ein bisschen absurd?

Vogel: Ich muss zu zugeben, dass ich das Stück gar nicht kenne. Ob es gut oder schlecht ist, kann ich deshalb nicht beurteilen. Aber es ist ja nichts Neues, dass Elemente der Underground-Musik gestohlen werden, um sie für die breiten Massen zu verhackstücken und zu leicht verdaulicher Fabrikware zu machen. Das ist an sich nicht wirklich schlecht. Das ist allenfalls schlechter Geschmack. Man hat beim Hören im zweifelsfalle das Gleiche unwohle Gefühl wie bei einer Platte von Aqua. Mit der ursprünglicher subkulturellen Identität hat es dann natürlich nichts mehr zu tun. Wenn ich in die Charts käme, hätte ich sicherlich ein Problem Aber ich muss mir da vorerst mit Sicherheit keine Sorgen machen, dass dies passiert.

Interview: Axel Schock

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