D.T. Max: Jede Liebesgeschichte ist eine Geistergeschichte. David Foster Wallace – ein Leben
Es war Samuel Beckett, der einmal anmerkte, dass sein Leben fade und uninteressant wäre und Biografen ihn nur als den Scharlatan entlarven würden, der er eigentlich sei. Damit ist zumindest viel über den popkulturellen Unterhaltungswert von Schriftstellerbiografien gesagt, von denen die meisten weniger mit abenteuerlichem Draufgängertum à la Hemingway gemein haben als mit jahrzehntelanger, nüchterner und kontinuierlicher Arbeit am Schreibtisch, ganz einfach deshalb – man ahnt es bereits – weil sie ihr Leben dem Schreiben gewidmet haben.
Auch das Leben von David Foster Wallace fällt durchweg in diese letzte Kategorie: Sorgfältig zeichnet der Journalist D.T. Max verschiedene Lebenssituation des Autoren nach, seine Kindheit, High School- und Studentenzeiten, die Lehrtätigkeiten an diversen Universitäten. Dabei versucht er behutsam rauszufinden, was für ein Mensch Wallace eigentlich gewesen ist: Das Bild, das dabei entsteht, ist das eines hochintelligenten und hochbegabten, aber auch hochsensiblen Mannes, der sich in komplizierten Reflexionsschlaufen über den Narzissmus und Solipsismus des modernen Subjekts und die durch Dauerkonsum, mediales Rauschen und Entertainment verfettende Gesellschaft verlieren konnte, daraus jedoch oft genug brillante Literatur erschuf.
Es zeigt aber auch einen hinsichtlich praktischer Lebensführung immer etwas unbeholfenen, von der Komplexität des modernen Lebens überforderten Mann, den es unendliche Mühen kostete, sein Leben so einzurichten, dass es trotz ständiger Selbstzweifel, Suchtprobleme und Depressionen eine gewisse Erfüllung versprach. Parallel dazu lässt Max der künstlerischen Entwicklung von Wallace viel Raum und geht detailliert auf die Veränderungen ein, die der Schriftsteller von Werk zu Werk durchlief. Seine Biografie ist einfühlsam, gut recherchiert und präzise, sie verzichtet auf nervige Psychologisierungen und verschweigt auch die unangenehmen Seiten der Persönlichkeit des Autors nicht, kurzum: Für Anhänger und Bewunderer stellt das Buch eine Bereicherung dar. (mwe)