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Zwei Mann auf einem Schrottboot

Olli Schulz hat gemeinsam mit Fynn Kliemann das Hausboot des Schlagersängers Gunter Gabriel restauriert. Jetzt als Doku auf Netflix.

Irgendwann im zweiten Teil der Doku „Das Hausboot“ wundern sich Olli Schulz und Fynn Kliemann, dass bei der Versteigerung des Bootes niemand hatte mitbieten wollen. Sie  waren ganz offensichtlich sehr einfach an das Hausboot des Schlagersängers Gunter Gabriel gekommen und hatten keinen Sachverständigen dabei, der bei der Entscheidung zum Kauf hätte Einhalt gebieten können. Jetzt stehen sie vor einem Fiasko, und die Frage steht im Raum: Sollen wir die ganze Aktion abbrechen und ein Ende mit Schaden akzeptieren, dafür aber einen Schaden ohne Ende vermeiden?

Zunächst die Info: Die beiden machen weiter. Wie es ausgeht? Keine Ahnung. Ziel ist, am Ende irgendo im Hamburger Hafen ein Boot liegen zu haben mit Tonstudio und Relaxbereich. Auch einen Gunter-Gabriel-Gedchächtnisschrein soll es geben. Doch man achte gleich zu Beginn der ersten Folge auf den Schauspieler Bjarne Mädel und dessen kurze, dafür aber umso konsterniertere Bemerkungen. Man überhört das aber nur zu gerne, weil der Mädel eben auch sehr witzig und pointiert formuliert.

Was schauen wir eigentlich in der Dokuserie „Das Hausboot“? Jedenfalls keine richtige Doku. Wenn Olli Schulz, der Musiker und Podcast-Partner von Jan Böhmermann, aufs Boot kommt, dann gerne zum Posen, Fynn Kliemann macht sich schon häufig darüber lustig, noch bevor Schulz auf dem Boot eingetroffen ist; doch Kliemann sollte mal vorsichtiger sein, schließlich wird auch er ganz schön verarscht, als er mit dem Schweißgerät unbedingt eine feine Naht ziehen will. Misserfolg auf ganzer Linie und Gespött von allen Seiten sind die Folge. Ansonsten aber packt Kliemann durchaus an. Sollte er auch, schließlich betreibt er auf YouTube professionell Heimwerking. Nicht zuletzt deshalb, aber auch, weil Kliemann was vom Filmen versteht, hat Olli Schulz ihn angesprochen, als es um die Restaurierung des Seelenverkäufers aus dem Hause Gabriel ging.

Die Würdigung: Kaum eine Making-of-Serie ist so desaströs, so niederschmetternd und so zum Weinen wie „Das Hausboot“. Das Boot – es wird immer weniger, bis zum Ende der zweiten Folge schließlich alle Aufbauten weg sind: abgetragen, weggeflext oder eingetreten. Immer mehr muss entsorgt werden, immer mehr wird verschrottet. Als dann auch noch der erste Anstrich im Trockendock nach drei Monaten erneut verrottet, ist es um die Zuversicht der beiden Überflieger endgültig geschehen. An diesem Punkt holen sie einen Fachmann an Bord, und der verlangt, dass noch mehr Geld ins Boot gesteckt wird, wenn man das Projekt nicht ganz aufgeben will.

Olli Schulz und Fynn Kliemann – ein Traumpaar: Kliemann macht die Finanzen, Schulz zahlt das Geld. Schulz zahlt die Rechnungen nicht, Kliemann droht, man werde bald Insolvenz erklären müssen. Schulz überweist. Bei Abbruch der Sichtung durch den Rezensenten fällt das Fazit: Das ist der Tiefpunkt, es kann nur noch aufwärts gehen in den nächsten zweimal 40 Minuten. Nach dieser Serie muss keine Handwerkerdoku mehr gedreht werden – „Das Hausboot“ hat das Genre zu Grabe getragen.  jw

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