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„Das Leben meiner Tochter“: Drama zum Thema Organspende

In „Das Leben meiner Tochter“ versucht ein Vater mit allen Mitteln, ein Spenderherz für sein Kind zu kriegen. Wir sprachen mit Regisseur Steffen Weinert über den Film und das Thema Organspende.

Herr Weinert, „Das Leben meiner Tochter“ handelt von einer jungen Familie, die auf ein Spenderherz für ihre Tochter wartet. Was hat Sie an dem Thema gereizt?
Steffen Weinert: Ausgangspunkt war ein kurzer Artikel über ein Mädchen, das mit Hilfe eines Assist-Devices, also eines Herzunterstützungssystems, die Zeit überbrückt, bis ein Spenderherz für sie gefunden ist. Und dann habe ich angefangen mir zu überlegen, wie es der Familie damit geht, insbesondere den Eltern. Wie gehen sie mit der Ungewissheit und der langen Wartezeit um? Was würden sie unternehmen, um diese Wartezeit zu verkürzen? Das Grundgerüst für die Geschichte war schnell gefunden. Die Ausarbeitung hat dann doch etwas länger gedauert, da ich die richtige Balance finden musste. Sowohl in der Tonalität – es gibt ja auch heitere Momente im Film – als auch in Bezug auf die medizinischen Fakten. Die mussten natürlich stimmen, durften aber keinesfalls im Vordergrund stehen. Gereizt an der Thematik hat mich, eine Geschichte zu erzählen, die die moralischen Grenzen auslotet. Wenn man jemanden fragt: Was würdest du tun, um das Leben deines Kindes zu retten?, bekommt man ja fast immer die gleiche Antwort: alles. Wenn man die Sache aber mal wirklich zu Ende denkt, kommt man vielleicht zu einem anderen Ergebnis. Davon handelt der Film.

Wie haben Sie sich auf dieses komplexe Thema vorbereitet?
Weinert: Während des Schreibens habe ich viel recherchiert, vor allem über Organhandel, aber auch über viele medizinische Details. Für ein anderes Projekt hatte ich ein paar Jahre zuvor sehr viele Erfahrungsberichte von Kindern gelesen, die wissen, dass sie bald sterben werden. Das hat mir für die Rolle der Tochter sehr geholfen.

Neben der Arbeit an „Das Leben meiner Tochter“ ist auch ein Buch entstanden.
Weinert: Der Kurzroman basiert auf einer früheren Drehbuchversion. Die Schwierigkeit war, zu einer Geschichte, die an und für sich schon dicht und stimmig ist, noch zusätzliches Material dazuzuerfinden. Ansonsten hat mir die Arbeit am Roman für den Film eher geholfen, weil jedes Kapitel entweder aus der Perspektive von Mutter, Vater oder Tochter geschrieben ist und ich so gezwungen war, mir über die Motivationen und Gefühle der einzelnen Figuren noch mehr Gedanken zu machen – was dann schließlich auch ins Drehbuch eingeflossen ist.

Auch der Konflikt zwischen den beiden Eltern spielt eine zentrale Rolle im Film …
Weinert: Der Vater verkörpert für mich den Typus Homo faber, einen Menschen also, der fest an die technische Machbarkeit glaubt und daran, dass es für wirklich jedes Problem eine Lösung gibt. Dass sein Kind sterben könnte, kommt in seiner Möglichkeitswelt nicht vor. Die Mutter lebt eher im Hier und Jetzt und geht viel mehr auf die momentanen Bedürfnisse der Tochter ein. Auch wägt sie sorgfältiger die verschiedenen Möglichkeiten ab, die sie haben, und ändert ihre Meinung, wenn sie neue Informationen bekommt. Im Gegensatz zum Vater, der fast bis zum Schluss auf seinem Standpunkt beharrt und alles andere ausblendet, was nicht in sein Weltbild passt. Aus diesem Gegensatz speist sich im Wesentlichen der Konflikt zwischen den beiden.

Gab es besondere Momente oder Herausforderungen, die sich ergeben haben?
Weinert: Mit Kindern zu drehen ist immer eine Herausforderung, weil sie nur fünf Stunden am Tag am Set sein dürfen, drei davon vor der Kamera. Die Uhr tickt also von Anfang an, und man muss vorher sehr genau wissen, was man machen will.

Gibt es eine Rolle, mit der Sie sich besonders identifizieren können?
Weinert: Eigentlich nicht. Aber ich kann mich in alle Figuren einfühlen und verstehe, warum sie so handeln, wie sie es tun. Sonst könnte ich sie auch nicht schreiben und die Schauspieler nicht dementsprechend inszenieren.

Der Vater will nicht, dass seine Tochter über den Tod liest. Warum ist das Thema Tod, vor allem in den europäischen Kulturen, so ein Tabu?
Weinert: Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich, weil es angenehmere Dinge gibt, als sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Im Film ist es ja eigentlich auch nur der Vater, der Berührungsängste mit dem Tod hat und das aus dem Grund, weil er sich nicht eingestehen will, dass sein Kind sterben könnte. Seine Tochter ist da viel unvoreingenommener und nähert sich dem Thema mit kindlicher Neugier.

Was sollen die Kinobesucher aus Ihrem Film mitnehmen?
Weinert: In erster Linie hoffe ich, dass der Film ein emotionales Erlebnis ist und man mit dem Schicksal der Familie mitfiebert. Wenn er darüber hinaus auch noch Anstoß ist, über die im Film verhandelten Themen nachzudenken: umso besser. Und wirklich ganz hervorragend wäre, wenn der Film bei den Kinobesuchern das dringende Gefühl erzeugen würden, allen Freunden und Bekannten zu empfehlen, „Das Leben meiner Tochter“ ebenfalls im Kino zu sehen.

Wie stehen Sie persönlich zum Thema Organspende?
Ich habe einen Organspendeausweis und bin für die Einführung der Widerspruchslösung. Eigene Erfahrungen habe ich darüber hinaus bisher aber nicht gemacht.

Das Leben meiner Tochter
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Auf kulturmovies.de gibt es Infos und alle Vorstellungen.

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