„Das Mädchen aus Kyjiw“: Organisierter Menschenhandel zwischen Kiew und Kroatien
Die Serie „Das Mädchen aus Kyjiw“ ist ein Thriller über Menschenhandel zwischen Kiew und Kroatien. Jetzt auf Arte und in der Arte-Mediathek.
In Osijek in Ostkroatien liegt ein Mädchen tot am Ufer der Drau, gefunden von dem schrulligen Veteran Kozul (Zlatko Buric, „Triangle of Sadness“), der von den ermittelnden Kommissaren Vladimir Kovac und Vesna Horak in der Serie Das Mädchen aus Kyjiw sofort des Mordes verdächtigt wird. Die aber werden von ihrem Chef zurückgepfiffen, weil der keinen großen Rummel will und deshalb die Möglichkeiten eines Suizids oder Unfalls bevorzugt. Auch der Gerichtsmediziner kann nach ersten Untersuchungen nur sagen, dass es keine äußerlichen Zeichen von Gewalt gibt und dass das 14- bis 14-jährige Mädchen schwanger war. Er schließt einen Unfall aus und bei dem Stand der Dinge auch einen Mord. Derweil organisiert in Kiew die Politikergattin Olga Romanchenko eine Wohltätigkeitsgala zugunsten ihrer Stiftung für Kinder und Jugendliche, als sie erfährt, dass ihre 15-jährige Nichte verschwunden ist.
Das Mädchen aus Kyjiw des Regisseurs Dalibor Matanic ist eine ukrainisch-kroatische Produktion aus dem Jahr 2021 und behandelt das Thema des Menschenhandels über die Balkanroute, den es seit Jahren gibt und der allgemein bekannt ist. Die Serie zeigt die sozialen Komponenten, die zum Menschenhandel führen, die politischen Umstände sowie auch die ökonomische Situation bei den Ermittlern und in den Medien, die die Fälle recherchieren: Der Chef des Ermittlerteams hat aus politischen Gründen Angst vor einer Entlassung und will möglichst schnell eine Auflärung in seinem Sinn. Der freie Journalist Stribor will endlich ein festes Beschäftigungsverhältnis, weil seine Frau schwanger ist, beginnt in der Sache zu ermitteln, findet das Handy der Toten und entdeckt sehr schnell, dass Ivana in einem Jugendheim gelebt hat. Am nächsten Tag wird Ivanas Freundin, mit der sich Stribor noch am Tag vorher getroffen hatte, mit einer Nadel im Arm ebenfalls am Fluss tot aufgefunden.
Das Mädchen aus Kyjiw unter der Regie von Dalibor Matanic ist eine Serie, die ihr Tableau ganz langsam entfaltet und sich Zeit auch für die einzelnen Figuren nimmt. So sehen wir nach Feierabend die Bemühungen des Ermittlers Kovac für ein würdiges Leben seiner kranken, bettlägrigen Mutter, die sich am liebsten umbringen würde. Im Kriminalfall selbst legt die Serie dar, über welche zunächst ganz harmlose Kontakte junge Mädchen in Kiew aufgetan werden. Ein Fotograf, der auch eine Volkstanzgruppe bei den Inszenierungen fotografiert, verspricht einzelnen Teenagern lukrative Jobs in Europa, wenn sie sich nur „freizügig“ von ihm fotografieren lassen. Von ihm und Ivana existiert ein Foto auf Ivanas Handy. Schnell wird klar, dass einige Männer, die für die Stiftung Olga Romanchenkos arbeiten, mit dem Verschwinden ihrer Nichte zu tun haben.
Nach Sichtung der ersten Folge des Sechsteilers ist nicht im Ansatz klar, wohin die Geschichte am Ende führen wird. Was klar ist angesichts des seriösen Erzählweise hinsichtlich Dramaturgie, Bild und Charakterzeichnung: Es lohnt sich, Das Mädchen aus Kyjiw zu Ende zu schauen.