Dave Eggers: Eure Väter, wo sind sie? Und die Propheten, leben sie ewig?
Dave Eggers macht ernst: Nachdem er sich schon in „Ein Hologramm für den König“ und „Der Circle“ mit Unbehagen an der modernen Konsum- und Kommunikationsgesellschaft und dem digitalen Informationskapitalismus abgearbeitet hat, rückt sein neuer Roman unserem westlichen Selbstverständnis direkt auf die Pelle. Die Versuchsanordnung des Buches ist dabei denkbar einfach: Ein ehemaliger Student entführt Menschen – einen Astronauten, einen Kongressabgeordneten, seinen früheren Lehrer und weitere – und hält sie in einem verlassenen Militärkomplex fest, wo er ihnen unbequeme Fragen stellt: Was ist aus den Versprechen geworden, die ihr uns gegeben habt? Welche Verheißungen können wir der Zukunft noch abringen? Wann haben wir zuletzt etwas wahrhaft Inspirierendes und Großartiges geschaffen, dessen Existenz nicht bloß schnödem kapitalistischem Verwertungsdruck geschuldet war? Eggers öffnet also das Größte aller Fässer – und geht darin baden. Sein Werk ist mit Furor geschrieben und wartet mit klugen wie aufschlussreichen Dialogen auf, wird der eigenen Themenfülle aber nur selten gerecht: Er will aufrütteln und aufklären, zugleich aber auch ein Psychogramm zorniger junger Männer liefern, denen die Aufgabe in der Welt abhanden gekommen ist. Das macht den Roman unausgegoren und lässt ihn ziellos durch sein eigenes Ambitionsgeflecht taumeln. Hinzu kommen gravierende literarische Schwächen: Die Entscheidung, auf jegliche Ablenkungen zu verzichten und das Werk nur als lange Abfolge von Dialogen zu gestalten, wirkt wie ein wenig durchdachter Schnellschuss, für den letztlich Glaubwürdigkeit und Figurentiefe geopfert wurden. Am Ende wünscht man sich, Eggers hätte sich mehr Zeit genommen, um sein Anliegen zu präzisieren und geeignetere literarische Mittel zu finden. So ist der Roman leider als verpasste Chance zu werten.