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David Vann: Goat Mountain

Drei Männer und ein elfjähriger Junge brechen zum alljährlichen Jagdausflug in die Berge Kaliforniens auf. Es dauert nicht lange, und sie entdecken statt dem erhofften Hirsch einen Wilderer hoch oben zwischen den Felsen. Durchs Zielfernrohr des Gewehrs seines Vaters darf ihn der Junge beobachten – und drückt ab, unvermittelt, einfach so. Zu diesem Zeitpunkt ist David Vanns neuer Roman erst wenige Seiten alt, und was folgt ist eine minutiöse und verstörende Studie über Trieb, Instinkt, Blutsverwandtschaft und die quälende Frage nach dem Ursprung menschlicher Gewaltbereitschaft.

Wie schon beim Vorgänger „Dreck“ sind die Figuren sowie das zeitliche und räumliche Setting, in dem diese sich bewegen, maximal reduziert und verdichtet. Dadurch verschafft Vann sich Gelegenheit, neben meisterhaften Naturbeschreibungen auch allerlei Ausführungen über die menschliche Natur anzustellen, und das bekommt dem Roman leider überhaupt nicht: Zu oft verliert sich Vann in biblisch verbrämtem Geraune, das nicht selten hilflos wirkt, als wüsste er längst, dass der Punkt, den er zu fassen kriegen will weit jenseits alles Beschreibbaren liegt. In der Folge schleppt sich ein ermüdender Pessimismus durch den Roman, der in repetitiven Variationen um Sinnleere, Schmerz und die Hölle auf Erden zirkuliert.

Hier ist Vann dann ganz bei Cormac McCarthy angekommen, dessen tiefschwarzes Pathos überall zu spüren ist, wie „Blood Meridian“ überhaupt als zentrales Referenzwerk für „Goat Mountain“ angesehen werden kann. Die bemühten philosofischen Exkurse schlagen sich schließlich auch im eigentlichen Plot nieder, weshalb die Handlungen der von der eigenen archaischen Männermystik benebelten Protagonisten immer schwieriger nachzuvollziehen sind. Nichtsdestotrotz ist „Goat Mountain“ ein sprachlich imposantes, über weite Strecken äußerst packendes Werk, mit einigen Szenen von markerschütternder Intensität. Leser sollten allerdings wissen, worauf sie sich einlassen, denn: Bei David Vann schimmert nichts, hier ist überall und immer Nacht. (mwe)

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