Der Junge mit der Gitarre
Keiner verlässt den Saal ohne Meinung! Der Junge Mit der Gitarre hat eine Meinung, und die vertritt er. Ernsthaft. Nach dem Erfolg der Single „Meer sehn“ will DJMDG demnächst auch bei der Grand-Prix-Vorausscheidung sein Glück versuchen.
In der Öffentlichkeit demonstrativ seine Haltung kundzutun, sei heute nicht mehr viel wert, sagt Harald Schmidt. Schmidt operiert subkutan, unterläuft die Erwartung seiner Fans. Kommt jemand nicht mit, oder fehlen die Lacher an der richtigen Stelle, ist nicht er schuld: Sein Publikum hat nichts kapiert.
DJMDG ist Schmidt-Fan. DJMDG mag die Vorgehensweise des Comedian. Doch DJMDG meint es ernst mit seinen Aussagen, tut öffentlich seine Haltung kund. „Die Aussage im Song ,Nur die Liebe zählt’ ist stark von einem Buch Thorwald Detlefsens beeinflusst“, sagt er. Das Buch heißt „Krankheit als Weg“ und ist seit langem ein Bestseller unter Kritikern der Schulmedizin. Im Song holt sich der Protagonist bei einem Mädchen Krankheiten zuhauf, vom Splitter im Fuß bis hin zu Aids, und warum? „Die Schulmedizin“, sagt DJMDG, „fragt immer: ,Was haben Sie?’, nie: ,Was fehlt Ihnen?’ Was uns fehlt, ist die Liebe.“
Für diesen Song wollten ihn Festivalbesucher schon von der Bühne pfeifen, doch DJMDG möchte mit ihnen diskutieren. Man merkt: Er ist der Sohn eines Pastoralreferenten. Ein Interview verläuft entsprechend ernst, denn der Junge hat eine Aussage, und die soll nicht falsch rüberkommen.
DJMDG arbeitet mit dem Blumfeld-, Tocotronic- und Sterne-Produzenten Chris von Rautenkranz zusammen. Diese Arbeit merkt man dem Debütalbum an. Ein ernsthafter Liedermacher präsentiert sein Werk, das überaus streitbar ist – und trotzdem Mainstream genug, um an der deutschen Vorausscheidung zum Grand Prix d’Eurovision teilzunehmen.
Jürgen Wittner