Die besten Krimis 2021: Empfehlungen für den Mai
Bis zum Impftermin hilft unsere Priorisierungsliste mit spannenden Thrillern: Die besten Krimis im Mai 2021 mit Friedrich Ani und Michel Decar.
Auf Friedrich Ani ist Verlass: Auch mit „Letzte Ehre“ gelingt es ihm, einem vermeintlich einfachen Fall mit jeder Buchseite weitere Facetten zu geben. Dabei legt er geschickt falsche Fährten, lässt in harmlosen Dialogen Hinweise auf unsägliches Grauen durchschimmern und erzeugt auch ohne blutige Actionszenen blanken Horror. Aber reicht das, um am Ende auch an der Spitze unserer Liste der besten Krimis im Mai 2021 zu stehen? Mit Michel Decar trifft er zumindest auf einen hochkarätigen Kontrahenten. Decar liefert mit „Die Kobra von Kreuzberg“ eine wunderbar anarchische Räuberpistole: Er knallt Gaga-Dialoge raus, jagd seine genial dilettantische Gaunerbande wie Querschläger durch Berlin, bis er schließlich dem Chaos endgültig freuen Lauf lässt. Kann die „Die Kobra von Kreuzberg“ auf unserer Liste der besten Krimis im Mai 2021 gar an Ani vorbeiziehen? Martin Lutz, Uwe Wilhelm und Sven Felix Kellerhoff versuchen es mit Teamwork. Als Lutz Wilhelm Kellerhoff legen sie eine Serie vor, die im Westberlin der 1960er-Jahre spielt. Der zweite Band dieser Reihe heißt „Teufelsberg“ und dürfte auf unserer Liste der besten Krimis im Mai 2021 ebenfalls ein gutes Ergebnis erzielen. Ebenso Stephen Mack Jones: Seine in Detroit spielende Serie um den Expolizisten August Snow bietet nicht nur beste Thrilleraction, sondern auch das stimmige Porträt einer wieder erwachenden Metropole.
Die besten Krimis im Mai 2021
4. Lutz Wilhelm Kellerhoff: Teufelsberg
Nirgendwo tummelten sich mehr KGB-Spione, Alt-Nazis, Stasispitzel, Schlapphut-Amis und linksradikale Haschrebellen als Ende der 1960er-Jahre in Westberlin. Geschickt also, dass Martin Lutz, Uwe Wilhelm und Sven Felix Kellerhoff ihre Krimireihe genau an diesem historischen Brennpunkt platzieren. Auch im zweiten Band der Serie gerät der junge Kommissar Wolf Heller bei Mordermittlungen in ein Wirrwarr, das mit reichlich politischem und gesellschaftlichem Zündstoff aufgeladen ist. Diesmal deutet der Mord an einer jüdischen Frau eines Richters auf Antisemitismus hin. Doch eine verkohlte Leiche und ein paar Frauenmorde später wird die Lage zunehmend komplizierter: Welche Rolle dabei Aktivisten und Agenten spielen, ergründet Heller mit Faust und Finesse gegen alle Widerstände. So eckt er nicht nur beim Polizeipräsidenten an, sondern knockt auch mal einen lästigen Müllmann aus, der sich ihm in den Weg stellt. Schließlich führt der immer verzwickter werdende Fall dazu, eine sowjetische Sabotageaktion zu verhindern und eine entführte Amerikanerin zu finden. Den vollgepackten Plot verpackt das Autoren-Trio mit reichlich Lokal- und Zeitkolorit, das uns in einen heißen Sommer im Kalten Krieg versetzt: Beim Café Kranzler gibt’s draußen nur Kännchen, mit seinem Karmann Ghia kurvt der Kommissar quer durch das Sponti-Kreuzberg und statt der historischen Mondlandung observiert er eine Villa im Westend. Bis zum Showdown auf dem Teufelsberg steht Heller dabei richtig unter Dampf: So muss er nicht nur viele HB rauchen, sondern auch bei der Entschärfung einer Bombe aufpassen, dass er nicht gleich in die Luft geht …
Ullstein, 2021, 384 S., 14,99 Euro
3. Stephen Mack Jones: Der gekaufte Tod
Verwesende Leichen, verlassene Fabriken, verfallende Gebäude: Am Flussufer ist Detroit auch heute noch eine abgewrackte Ghosttown. Doch nachdem sie der Niedergang der US-Autoindustrie in den Abgrund gezogen hat, erholt sich die ehemalige „Motor City“ langsam wieder. Ex-Polizist August Snow kehrt in seine alte Heimatstadt zurück: Eine erfolgreiche Klage gegen seine Entlassung hat ihn reich gemacht, jetzt will er im einstigen Arbeiterviertel Mexicantown alte Häuser vor der drohenden Gentrifizierung retten. Durch seine Aussage zu kriminellen Machenschaften des Bürgermeisters und korrupten Cops hat er sich jedoch Feinde gemacht. Keine guter Start für Snows Neubeginn, der es aufgrund seiner mexikanisch-afroamerikanischen Abstammung nie leicht hatte und Misstrauen gegenüber jeglichen Behörden hegt. Nach dem angeblichen Selbstmord einer Bankerin, die ihn kurz vor ihrem Tod um Hilfe gebeten hatte, ermittelt Snow deshalb lieber auf eigene Faust, um die verworrenen Hintergründe aufzuklären und den Mörder zu finden. Stephen Mack Jones’ actionreicher Allein-gegen-alle-Krimi steht in bester Hardboiled-Tradition und ist zugleich erfreulich zeitgemäß. Bei der gnadenlosen Hatz quer durch Detroit verpasst Snow so manch einer Gangsternase die linke Gerade, er klopft coole Sprüche, gibt den Guten eine Chance und schickt die Bösen mit seiner Glock zur Hölle. Bis zum zünftigen Shootout am Ende gibt es auch immer wieder den liebevollen Blick auf Detroit und seine Bewohner. So bietet der erste Band der August-Snow-Reihe nicht nur beste Thrilleraction, sondern auch das stimmige Porträt einer wieder erwachenden Metropole.
Tropen, 2021, 359 S., 17 Euro
Aus d. Engl. v. Ulrike Wasel u. Klaus Timmermann
2. Michel Decar: Die Kobra von Kreuzberg
Zum Fenster rein, etwas Olivenöl und Nussschokolade dabei, zum Fenster raus, Einzelticket für die U6: In die Nationalgalerie einbrechen ist doch kein Ding. Jetzt muss aber ein richtig fetter Coup her! Beverly Kaczmarek denkt futuristisch, erstellt Nonsens-Listen sowie Plan A und Plan B für „Operation Q“. Bei der geht’s um 16 Beine, fünf Köpfe und zwei Flügel. Um die Quadriga vom Brandenburger Tor zu mopsen, braucht sie 3000 Tischtennisbälle, 50 Meter Blitzableiterdraht und einen Fahrplan für Spionagetunnel. Mit dabei und leicht daneben: Dragan, Maximow und Serge (Sternzeichen: Pfeife), die sich gegenseitig auf den Füßen stehen und über ihre Sätze stolpern. Kommissar Hotfilter und Polizeipräsident Schulz-Lamar sind nah dran, versagen aber im kürzesten Verhör der Kriminalgeschichte, bevor sie sich in der Spirale des Irrsinns nur noch um sich selbst drehen. Was für eine wunderbar anarchische Räuberpistole: Michel Decar feuert sie mit Irrwitz und einem Magazin voller abstruser Einfälle ab. Er knallt Gaga-Dialoge raus, jagt seine genial dilettantische Gaunerbande wie Querschläger durch die Gegend, bis er schließlich dem Chaos endgültig freien Lauf lässt. In Berlin wundert sich über all das ja eh mal wieder keiner …
Ullstein, 2021, 208 S., 22 Euro
1. Friedrich Ani: Letzte Ehre
Wer zu viel Auskunft gibt, hat etwas zu verbergen. Oberkommissarin Fariza Nasri erkennt bei ihren gewieften Vernehmungen schnell, ob scheinbar schlüssige Aussagen nicht doch nur auswendig gelernte Lügenkonstrukte sind. Als die 17-jährige Finja nach einer Party spurlos verschwindet, glaubt Nasri an ein Gewaltverbrechen. Bei der Befragung von Stephan Barig, dem Freund von Finjas Mutter, kommen ihr Zweifel an dessen Alibi. Das sich Barigs Männerrunde regelmäßig zum Gangbang mit einer Prostituierten trifft, ist da nur ein Indiz für weitere Abgründe, die sich nicht nur durch seinen Erklärungseifer enthüllen. Friedrich Ani versteht es wieder einmal, einem vermeintlich einfachen Fall mit jeder Buchseite weitere Facetten zu geben. Dabei legt er geschickt falsche Fährten, lässt in harmlosen Dialogen Hinweise auf unsägliches Grauen durchschimmern und erzeugt auch ohne blutige Actionszenen blanken Horror. Dass auch Oberkommissarin Nasri etwas verbirgt und nicht ohne Schuld ist, ahnt man von Beginn an. Ab wann aber macht man sich wirklich schuldig? Wann wird eine Machtfantasie zu Missbrauch? Wann führt Vertrauen zum Verrat? Manchmal fällt einfach der Zufall ein Urteil und ahndet das Unrecht. Doch so einfach macht Friedrich Ani es uns nicht, und nicht zuletzt das ist der Grund, warum er unsere Liste der besten Krimis im Mai 2021 anführt.
Suhrkamp, 2021, 270 S., 22 Euro