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Die besten Krimis 2023: Empfehlungen für den März

Die besten Krimis im März 2023: Buchcover von James Kestrel, Percival Everett, Kurt Palm, Melissa Ginsburg, Eva Björn Aegisdóttir, Hubertus Borck, Elina Backman

Die Frühjahrssaison beginnt: Die besten Krimis im März 2023 mit Percival Everett, Elina Backman und James Kestrel

James Kestrel lässt seinen Detective einen gnadenlosen Killer jagen – doch der hat die Weltgeschichte auf seiner Seite … „Fünf Winter“ ist Agententhriller, Weltkriegs-Krimi und Lovestory zugleich – doch schafft es dieser spektakuläre Roman auch bis auf die Spitzenposition unserer Liste der besten Krimis im März 2023? Konkurrenz bekommt er von Hubertus Borck, der mit „Die Klinik“ den zweiten Teil seiner Serie um Kriminalkommissarin Franka Erdmann und deren Assistenten Alpay Eloglu vorlegt.

Oder steht eine Newcomerin ganz oben auf unserer Liste der besten Krimis im März 2023? Eva Björg Aegisdóttir räumt mit dem Klischee auf, dass in Island nur nette Menschen mit lustigen Namen und dicken Pullis wohnen. In „Verschwiegen“ berichtet sie Erschreckendes aus einer betulichen Kleinstadt. Die finnische Autorin Elina Backman setzt dagegen mit „Brandmal“, dem ersten Band der Sanna-Havas-Reihe, ein deutliches Ausrufezeichen hinter Cottagecore-Thrillern! Vielleicht macht am Ende aber auch der Österreicher Kurt Palm das Rennen, dessen Figuren in „Der Hai im System“ eine extrem kurze Lunte haben?

Auch Noir-Debütantin Melissa Ginsburg dürfte Außenseiterchancen haben, und mit „Die Bäume“ empfiehlt sich überraschenderweise auch Percival Everett für die Spitzenposition auf unserer Liste der besten Krimis im März 2023: In „Die Bäume“ dreht er eine Rachegeschichte vergnüglich ins Okkulte – obwohl es um todernste reale Verbrechen geht.

Die besten Krimis im März 2023

7. Elina Backman: Brandmal

Die besten Krimis im März 2023: Buchcover „Brandmal“ von Elina BackmanDie Autorin Elina Backman setzt mit ihrem Debüt und zugleich ersten Band der Saana-Havas-Reihe ein deutliches Ausrufezeichen hinter Cottagecore-Thrillern mit finnischem Flair. Ihre Mischung aus Mystery-Story und romantischer Geschichtsverklärung heizt sie ordentlich mit Thrillerspannung an und zuckert sie mit der Turtelei zwischen Saana und Jan ab.

Vielleicht sollte man im Sommer auch mal wieder nach Finnland fahren und angeln gehen? Bereits im Juni erscheint mit „Dunkelstrom“ übrigens schon der zweite Teil der Serie.

Piper, 2023, 576 S., 18 Euro

Aus d. Finn. v. Alena Vogel

6. Hubertus Borck: Die Klinik

Buchcover „Die Klinik“ von Hubertus BorckHubertus Borck lässt im zweiten Band der Thrillerserie sein sympathisches Ermittlerduo zur Hochform auflaufen, wenn es gegen Krankenschwester Micki ermittelt, die als barmherzige Schicksalsgöttin manch aussichtslosen Fall eigenmächtig auf den Weg gen Himmel entlässt.

Zwar beruft sich der Rezensent auf seine Verschwiegenheitspflicht, welche Mittel Borck hier verabreicht, um die Herzfrequenz zu pushen, doch sein trockener Humor gehört zur abgerundeten Medikation auf jeden Fall dazu. So erfahren wir den lustigen zweiten Vornamen von Alpay und was Franka heimlich auf ihren Oberarm klebt.

Diagnose: Glaubwürdiger als jeder Arztroman, rezeptfrei erhältlich und hochdosiert spannend, um die Wartezeit bis zur nächsten Chefvisite zu verkürzen. Und: Haben wir hier tatsächlich den ersten Krimi, in dem ein Blumenkohl zum Mordwerkzeug wird?

Rowohlt, 2023, 400 S., 12 Euro

5. Eva Björg Aegisdóttir: Verschwiegen

Buchcover „Verschwiegen“ von Eva Björg Aegisdóttir„Marrið í stiganum“ heißt der Debütroman der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir im Original. Die deutsche Übersetzung kommt mit dem Einworttitel „Verschwiegen“ auf den Markt. Das Marketing der hiesigen Verlage setzt eben seit Stig Larson auf plakative Schlagworte, um skandinavische Serien-Spannung zu labeln. Dabei würde „Das Knarren der Treppe“ auch hier Gänsehaut-Grusel versprechen.

Aber gut, verschwiegen sind die Kleinstädter im hohen Norden natürlich auch, und hinter so manch einer der bunten Türen verbirgt sich ein mehr oder weniger schlimmes Geheimnis. In der kleinen Hafenstadt Arkranes kennt man sich. Trotzdem geschehen hier tragische Unfälle, Mord und Missbrauch.

Für Polizistin Elma heißt es also: Winterjacke an, Reißverschluss ganz nach oben ziehen und die Fellmütze auf. Nach dem Ende einer Beziehung ist sie gerade von Reykjavik in ihre Heimatstadt zurückgekehrt. Als eine zunächst unbekannte Tote am Leuchtturm gefunden wird, versucht Elma zusammen mit ihren neuen Kollegen Saevar und Hördur, die Hintergründe aufzuklären.

KiWi, 2023, 368 S., 17 Euro

Aus d. Island. v. Freyja Melsted

4. Melissa Ginsburg: Sunset City

Die besten Krimis im März 2023: Buchcover „Sunset City“ von Melissa GinsburgGegen Abend schimmert der Himmel über Houston pink und lilafarben, doch Audrey sieht lieber Pfirsich-Martinis oder die nächste Linie Koks im Neonlicht leuchten. Zusammen mit ihr entdeckt Charlotte die Schattenseiten des Großstadtlebens, in denen auch ihre brutal ermordete Freundin Danielle zu Hause war. Sie taucht in eine Szene, die hoffnungslos von Onlinepornos, Drogen und Gewalt beherrscht ist, und droht sich zu verlieren. Verheißt das Schimmern im Osten einen neuen Tag, der die Normalität zurückbringt?

Melissa Ginsburg verbindet in ihrem grandiosen Debütroman Stilmittel des Noir mit einer beklemmenden Darstellung unerfüllter Sehnsüchte.

Polar, 2023, 228 S., 17 Euro

Aus d. Engl. v. Kathrin Bielfeldt

Krimibestenliste März 2023 TOP 3

3. Kurt Palm: Der Hai im System

Buchcover „Der Hai im System“ von Kurt PalmDie Wurstverkäuferin erwidert seine Liebe nicht. Sie mag nicht mit ihm den Mormonen-Porno schauen, hat null Checke von Double-Penetration und steht auch nicht auf den „Cocksucker Blues“ von den Stones. Sie fragt, was die ganzen merkwürdigen Kisten in seiner Wohnung sollen und warum die Fenster zugeklebt sind. Den namenlosen Ich-Erzähler nervt die blöde Tusse. So, wie auch die Kakerlaken in der muffigen Bude und überhaupt alles nervt. Allein dieses ständige Gelärme und Getöse: Köter kläffen, Tauben gurren, Babys plärren. Dauernd kreischen Frauen. Weil sie geschlagen oder gefickt werden – oder beides.

Die Japanerin, die einen Stock über ihm unaufhörlich auf ihrer Geige rumkratzt. Die frivolen Flitscherl vom Pausenhof gegenüber, die es darauf anlegen, ihn zu provozieren. Sieht er doch genau, denn beim Bitch-Watching richtet er seinen Feldstecher auf deren kurzen Röcke. Aaaaarrrrr, so geht’s nicht weiter! Und nicht nur bei ihm: Polizist Philip Hoffmann schwitzt wie Sau, da Tagesabschnittsgefährtin Lena droht, die leichtfertig versendeten Dickpics an seine schwangere Frau Margot weiterzuleiten. Problemschulen-Lehrerin Franziska Steinbrenner hat nur mit Idioten zu tun und ist nervös wegen ihrem Ex-Mann. Allesamt total überfordert, griesgrämig, gefrustet und gescheitert.

Ganz kurze Lunte, so mag es der österreichische Autor, Regisseur und Sprachvirtuose Kurt Palm. Lässt seine Figuren so lang im eigenen Saft schmoren, bis sie schön weichgekocht sind. Spannt deren Nerven, bis sie reißen. Setzt immer noch eins drauf, bis alles zusammenkracht. Mit soviel Palm-Fiction muss das Leben erst mal mithalten. Wir ahnen schon: Bös geht’s aus. Steht da nicht bereits am Anfang ein halbautomatisches Sturmgewehr mit 42 Schuss Munition bereit?

Leykam, 2023, 288 S., 23 Euro

2. Percival Everett: Die Bäume

Buchcover „Die Bäume“ von Percival EverettEmmett Till sinnt immer noch nach Rache, seitdem man ihn 1955 gelyncht hat. So ermordet er die Nachkommen der damaligen Täter, und seine eigene Leiche taucht neben den Gerichteten auf – nur um anschließend bis zum nächsten Mord wieder zu verschwinden. Da stoßen Deputy Delroy Digby und sein Buddy Braden Brady in Money, Mississippi schon beim Mord an Junior Junior an die Grenzen ihrer sowieso schon arg limitierten Fähigkeiten.

Vorab gut zu wissen: Der Ausgangspunkt für diese abgedrehte und amüsante Krimi-Groteske ist so real wie furchtbar. Den Lynchmord gab es wirklich. Der schwarze Jugendliche Emmett Till wurde damals von Carolyn Bryant bezichtigt, sich ihr gegenüber unsittlich verhalten zu haben. Deren Mann Roy und dessen Halbbruder J. W. Milan misshandeln ihn daraufhin so schwer, dass der 14-jährige qualvoll stirbt.

Nun nimmt der US-amerikanische Autor Percival Everett diesen Mord exemplarisch für die vielen ungesühnten rassistischen Gräueltaten, die nicht nur in den Südstaaten passieren. Everett ersinnt eine ungewöhnliche Rachegeschichte, die wohl nur er so souverän mit Horror-, Klamauk- und Krimielementen zusammenhalten kann. Die sehr gute Übersetzung von Nikolaus Stingl rettet den staubtrockenen Humor und das Pidgin-Englisch ins Deutsche.

Hanser, 2023, 368 S., 26 Euro

Aus d. Engl. v. Nikolaus Stingl

1. James Kestrel: Fünf Winter

Die besten Krimis im März 2023: Buchcover „Fünf Winter“ von James Kestrel45 Cent für drei Zentiliter Whiskey – mehr als ein Stundenlohn für Detective Joe McGrady. Seinen wohlverdienten Feierabend-Drink muss er jetzt auch noch runterstürzen, da Captain Beamer ihn zum Tatort eines grausigen Mordes schickt. Es ist Ende November 1941, und in einem Schuppen hängt kopfüber ein Mann an einem Fleischerhaken. Er und eine gefesselte Japanerin wurden brutal misshandelt und mit der rasiermesserscharfen Klinge eines Mark-1-Grabendolchs aufgeschlitzt, der im Krieg als Nahkampfwaffe eingesetzt wird.

Noch in der Nähe blickt McGrady in das Mündungsfeuer einer Waffe, und bei der Schießerei klingeln ihm die Ohren. Er hat einen Mittäter überrascht, der sich gerade an die Spurenbeseitigung machen wollte. Doch McGrady zieht seine alte Armeepistole aus dem Hosenbund und durchlöchert nicht nur den Packard des Angreifers – für den Oldtimerfans heute sicher ein Heidengeld blechen würden.

Der Fall wird brisant: Die Opfer sind der 21-jährige Lieblingsneffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte und dessen unbekannte Freundin. Der unsympathische Beamer hält McGrady da lieber mal wieder an der kurzen Leine. Er stellt ihm Fred Ball zu Seite, der sich nach Vernehmungen immer erst die Faust mit Eiswürfeln kühlen muss. Ein weiterer Mord mit einem Grabendolch weist zu einem Verdächtigen mit dem Allerweltsnamen John Smith. Die Spur führt nach Hongkong …

Agententhriller, Kriegsepos und Lovestory – James Kestrel muss nicht durchweg die Kanonen knallen lassen, um mit seinem flott und fintenreich geplotteten Hardboiled-Epos zu überzeugen. Zwischen den Whiskeys passiert da mehr, als dass sich nur die Eiswürfel verflüchtigen. So führt „Fünf Winter“ dann auch unsere Liste der besten Krimis im März 2023 an. Für McGrady wird es am Ende noch mal so richtig heiß. Und ach, auch wir Lesende schmelzen dahin …

Suhrkamp, 2023, 498 S., 20 euro

Aus d. Engl. v. Stefan Lux

ERSCHEINT AM 13. MÄRZ

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