Die besten Krimis 2024: Empfehlungen für den August
Ein mörderischer Sommer: Die besten Krimis im August 2024 mit Davide Longo, Deborah Levy und Norbert Horst.
Die Commissari Bramard und Arcadipane sind zurück: In „Am Samstag wird abgerechnet“ schickt Davide Longo die beiden nach einem Mord in ein Bergdorf. Doch was verbirgt sich dort wirklich hinter dem Schweigen? Und wie weit kommt Davide Longo auf unserer Liste der besten Krimis im August 2024? Konkurrenz bekommt er von dem österreichischen Autor Bastian Zach, der bislang eher durch seine Reihe „Donaumelodien“ mit historischen Wien-Krimis bekannt ist. Mit „Death over Wacken“ wechselt er nun auf den heiligen Acker in Schleswig-Holstein und will auf unserer Liste der besten Krimis im August 2024 hoch hinaus.
Deborah Levy weiß: Eine fremde nackte Frau im Swimmingpool der Ferienvilla bringt jeden Urlaub in Schwung. Belegt die britische Autorin mit „Heim schwimmen“ also einen Spitzenplatz auf unserer Liste der besten Krimis im August 2024? Krimipreisträger Norbert Horst läutet mit „Lost Places“ eine neue Reihe um ein schlagkräftiges Team im Ruhrgebiet ein. Außerdem im Rennen um den Spitzenplatz auf unserer Liste der besten Krimis im August 2024: Nicola Upson mit „Drehbuch des Todes“. Und Klaus-Peter Wolf, der sich ja nun wirklich mit Spitzenplätzen auskennt.
Die besten Krimis im August 2024
6. Klaus-Peter Wolf: Ein mörderisches Paar – Der Verdacht
Wer Ostfriesen-Krimis sagt, meint meistens Romane von Klaus-Peter Wolf, der das Subgenre, wenn nicht gar erfunden hat, so doch mit unermüdlichen Output dominiert. Diesmal jagt ein Profikiller den windigen Frauenschwarm Dr. Bernhard Sommerfeldt – doch er erledigt Markus aus Meppen, der sich als Sommerfeldt ausgibt, um bei den Frauen zu landen. Das kann der wahre Sommerfeldt nicht auf sich sitzen lassen, fühlt er sich doch durch das hohe Kopfgeld geadelt, das aufgrund seiner Selbstjustiz-Morde auf ihn ausgesetzt ist. Mitsamt Gattin Frauke, die nicht nur beim Golf schlagfertig ist, wird so der Gejagte zum Jäger. Die Sommerfeldts sind unbestritten das Dream-Team für beste Urlaubsspannung zwischen Aurich und Norderney. Diese Serie ist definitiv kein Möwenschiss in der Lokalkrimi-Geschichte!
Fischer, 2024, 464 S., 13 Euro
5. Nicola Upson: Drehbuch des Todes
„Was ist mit der Tatwaffe?“– „Die Tatwaffe? Hast du die etwa übersehen?“ – „Wie bitte? Meinst du, die liegt noch bei der Leiche?“ Scotland-Yard-Inspector Penrose entgeht glatt die Pistole, als er im Jahr 1939 mit Gerichtsmediziner Spilsbury den Fundort einer getöteten Frau untersucht. Die Leiche liegt nahe dem Anwesen Milton Hall in Cambridgeshire, das Daphne du Maurier zu ihrem Buch „Rebecca“ inspirierte, welches nun von Hitchcock in Hollywood verfilmt wird. Schriftstellerin Josephine Tey ermittelt vor Ort, denn unter der Filmcrew könnte der Täter sein. Cosy-Crime im Stil des Golden Age.
Kein & Aber, 2024, 384 S., 22 Euro
Aus d. Engl. v. Anna-Christin Kramer
4. Bastian Zach: Death over Wacken
Wenn auf einem heiligen Acker in Schleswig-Holstein die Kuttendichte schlagartig zunimmt, ist wieder einmal W:O:A. Zehntausende Metalheads treffen sich jedes Jahr vier Tage lang in Wacken zum weltweit größten Festival für Freunde des vielfältigen Melodik-Krachs. Eine illustre Schar von Headbangern, die friedliebend, tolerant und weitestgehend gewaltfrei im Moshpit den Spaß an feinster Mitschrei-Mucke bei 120 Dezibel abfeiert und dabei beherzt zu kaltem Met greift. Klar, Unfälle sind da unvermeidbar. Aber trotz all dem martialischem Gepose, Gehopse und Getöse – Mord und Metal, das passt einfach nicht zusammen! Autor Bastian Zach zeigt in seinem Wacken-Krimi, wie es trotzdem geht – und bereitet reichlich Spaß mit einer szenigen Mörderjagd, die er grandios mit dem Festival verknüpft.
Als ein Dark-Rocker unter dem markanten stählernen Bullenschädel hängt, denkt jeder noch, er hätte den Namen seiner Band „SuiCiders“ allzu wörtlich genommen. Doch kurz darauf findet sich auch der Drummer tot im Dixi-Klo. Frontfrau Mia von den „Vengeful Regrets“ spürt, dass hier jemand auf Rache-Tour ist. Gründe bietet das knallharte Musik-Biz genug. Dass gerade jetzt ihr Vater Lars im Hawaiihemd in Wacken auftaucht, ist für Mia zunächst ein Grund für Fremdscham, doch bei ihren gemeinsamen Nachforschungen müssen sie zu einem effektiven Duo werden, denn der Täter sucht für seinen nächsten Mord die ganz große Bühne …
Auch wenn Bastian Zach bislang eher durch seine Reihe „Donaumelodien“ mit historischen Wien-Krimis bekannt ist: Hier geht der richtige Mann zu Werke. Der österreichische Autor ist mit einem Doppelkassettendeck aufgewachsen, hat eine Iron-Maiden-Vergangenheit, und allein schon wegen seiner imposanten Haar- und Bartlänge würde man ihm die Kompetenz für einen Metal-Krimi niemals absprechen. Augenzwinkernd lässt er „Moneytalks“ von AC/DC laufen, als einem Labelchef mit Geldscheinen das Maul gestopft wird. Und er interpretiert einen gefährlichen Sturz von Lars als unfreiwilliges Stage-Diving – um ihn von der geübten Menge auffangen und als Crowdsurfer in Sicherheit tragen zu lassen. Dieser Wacken-Whodunit rockt! Da machen wir mit der Hand die Pommesgabel und schütteln vor Begeisterung das Haupthaar.
Gmeiner, 2024, 416 S., 15 Euro
TOP 3
3. Deborah Levy: Heim schwimmen
Eine fremde nackte Frau im Swimming-Pool der Ferienvilla bringt jeden Urlaub in Schwung. So auch den des eitlen englischen Dichters Joe, als dieser mit seiner Frau Isabel, der pubertären 14-jährigen Tochter Nina und dem befreundeten Pärchen Mitchell und Laura den Sommer 1994 an der Côte d’Azur verbringt. Kitty heißt die junge Femme fatale im Pool, welche vorgibt, die Villa ebenfalls gebucht, sich aber im Datum vertan zu haben. Auf Isabels Vorschlag bleibt sie, bringt jedoch nicht nur Isabels kriselnde Ehe ins Schwimmen.
Die britische Schriftstellerin Deborah Levy spielt – soviel ist sofort klar – mit Klischees und absehbaren Wendungen. Natürlich ist die charmant stotternde Kitty verführerisch magersüchtig und jugendlich depressiv, sie hat kecke Locken und ist öfter nackt als nötig. Ihr wildes Herz schlägt für die Lyrik, und so drängt sie Joe, eines ihrer Gedichte zu lesen. Wer da Joes Seitensprung bei Erdbeerchampagner und Zikadenzirpen kommen sieht, liegt nicht ganz falsch. Ahnt vielleicht sogar auch eine Falle, die Isabell ihrem Mann gestellt hat, und da Mitchell und Laura mit alten Schießeisen handeln, ist gemäß der Dramaturgie-Regel „Tschechows Gewehr“ der Einsatz einer Waffe unumgänglich. Deborah Levy durchsetzt ihr flirrendes Kammerspiel jedoch raffiniert mit Irritationen aus Joes Vergangenheit. Die werden Tochter Nina nach diesem Sommer in die Zukunft begleiten …
Kampa, 2024, 192 S., 22 Euro
Aus d. Engl. v. Richard Barth
2. Norbert Horst: Lost Places
In Essen trinkt man Stauder- und in Bochum Fiege-Pils. Ob man nun Camilla Lopez heißt, kubanische Wurzeln hat und Staatsanwältin ist. Oder ob man als Kripo-Kommissar mit türkischer Mutter und deutschem Vater auf den Namen Deniz Müller getauft wurde. Oder wie Alexander Rahn als Journalist arbeitet und immer wieder genervt beteuern muss, dass der Nachname nicht auf Verwandtschaft mit demjenigen verweist, der in glorreicheren Fußballtagen mal aus dem Hintergrund geschossen hat. Die drei bilden ein schlagkräftiges, im Ruhrpott geerdetes Team, mit dem Krimipreisträger Norbert Horst nun eine vielversprechende Serie einläutet.
Ein lebloser Obdachloser im Wald, die tote alte Frau in der Innenstadtwohnung und ein paar eingemauerten Leichen in einem verfallenen Krankenhaus: Die so unterschiedlichen Fälle haben natürlich eine Verbindung. Genauso wie das Ermittlertrio, das wechselseitig manch privaten Treffer landet. Doch bis zum Feierabend-Pils steht reichlich Ermittlungs-Maloche an: Alexander holt sich wertvolle Infos bei Whistleblowern auf einem Parkdeck und bei Typen, die verlassene Gebäude erkunden. Deniz versucht, seine Tinder-Dates mit den Einsätzen zu koordinieren, und Camilla bekommt tüchtig was aufs Näschen. Mit reichlich Schokoriegeln und schnellen Dönern geht’s leicht überzuckert durch das lohnenswerte Krimirätsel. Darauf ein Fiege!
Goldmann, 2024, 336 S., 17 Euro
1. Davide Longo: Am Samstag wird abgerechnet
Im Piemont sind Geheimnisse gut behütet. Gerade in den kleinen Bergdörfern in den Alpen, wo die wenigen Menschen mit Argwohn auf Fremde blicken und maulfaul auf Fragen reagieren. Eine gute Gegend also, um einen Mord zu begehen. Auf einer Lichtung mit malerischem Ausblick sitzt der berühmte Filmproduzent Terenzio Fuci aus Rom erdrosselt in seinem Jaguar. Die Hände des 87-Jährigen sind ans Lenkrad gebunden. Der Verdacht fällt auf seine zwanzig Jahre jüngere Frau Vera, denn die ehemals erfolgreiche Schauspielerin ist seit jener Nacht spurlos verschwunden. Commissario Vincenzo Arcadipane eilt aus Turin in das an einem Staudamm gelegene Dorf Clot mit nur 37 Seelen, um vor Ort die Ermittlungen zu führen. Die erweisen sich erwartungsgemäß als zäh und beginnen, weitere Rätsel aufzuwerfen, die im Laufe der vielschichtigen Handlung auch nach Rom führen.
Arcadipane zählt auf die Unterstützung seines schrulligen Mentors Corso Bramard, der für seine stoische Art bekannt ist: Bramard hört genau zu, beobachtet scharf und stellt nicht zu viele Fragen. Wie bei einem Puzzle sortiert er die kleinen Bruchstücke der Wahrheit, verschiebt sie so lange, bis sie sich zu einem Bild zusammenfügen. Und das ist facettenreich wie ein Mosaik: Vera heißt in Wirklichkeit Anna, der Mord ist bis ins Detail in Szene gesetzt, es gibt politische Verwicklungen, ein vorgetäuschtes Leben, rätselhafte Fresken und einen mystischen Saal, in dem eine fragwürdige Zeremonie stattgefunden hat. Das alles führt buchstäblich zu einem Dammbruch, bei dem nicht nur störrische Bewohner hinweggespült werden könnten …
Der italienische Autor Davide Longo besticht durch Eleganz und souveräne Erzählkunst, mit der er durch seine ungewöhnlichen Plots zu führen weiß. Auch im vierten Band mit den Commissari Bramard und Arcadipane geht es um weit mehr als nur um die Klärung eines Kriminalfalls, um Zeitgeschehen, gesellschaftliche und menschliche Abgründe. Longo lässt uns durch seine lebensnahen Protagonisten und mit präzisen Momentaufnahmen auch am Vita italiana teilhaben: eine etwas altmodische Sicht auf die Dinge, ausgekostete Melancholie, ein Gewimmel von geschichtsträchtigen Bauten, gutes Essen und ein wenig Amore. Es ist eine Liebeserklärung an die Facetten des Lebens. Und dieses Leben präsentiert – wenn auch manchmal spät – die Abrechnung für das eigene Tun.
Rowohlt, 2024, 560 S., 26 Euro
Aus d. Ital. v. Barbara Kleiner u. Felix Mayer
Riskieren Sie auch einen Blick auf unsere Liste der besten Krimis im Juli 2024!