Die Goldenen Zitronen
Sie wollen nerven. „Gemütlichkeitsmusik“ ist ihnen ein Greuel. Die Goldenen Zitronen sind das führende Polit-Kollektiv auf dem deutschen Musikmarkt und ihr neues Album das jüngste Gefecht im Kampf um eine bessere Welt, geführt mit allem, was das elektronische Arsenal hergab. Und wie umgeht man die Frage, ob es ein „linkes“ Gitarrenriff gibt oder nicht? Einfach keine Gitarren verwenden … Wir sprachen mit den Zitronen Schorsch Kamerun und Ted Gaier.
KULTUR!NEWS: Schorsch, Ted, plant Ihr eure Karriere eigentlich, oder bleibt alles dem Zufall überlassen?
Ted Gaier: Wir wollen zeitgenössische Musik machen, die nicht borniert genremäßig festgelegt ist und die textlich mit dem korrespondiert, was zur selben Zeit stattfindet.
K!N: Eure Hardcore-Fans erwarten sowieso nicht, daß Ihr euch stilistisch festlegt.
Schorsch Kamerun: Ich glaube, wir sind eh nicht die Band, von der man so richtig Hardcore-Fan sein kann. Zum Fantum gehört eine gewisse Art von Naivität, kultiviert oder naturgegeben.
K!N: Fan oder nicht: Wer euch schätzt, sollte aber ein waches politisches Bewußtsein mitbringen …
Kamerun: Bestimmte Inhalte müssen öffentlich gesagt werden. Die Politik, die die gesellschaftlichen Prozesse ohnehin nicht mehr steuern kann, ist doch nur noch die Promotionabteilung, die verschleiern soll, was man auf den Wirtschaftsseiten in kalter Sprache tatsächlich lesen kann. Aus solchen Überlegungen entsteht vielleicht ein Text. Aber niemand von uns sieht sich als Poet. Das ganz Private kann beispielhaft fürs Menschsein sein – aber das ist nicht unsere Stärke.
K!N: Ihr seid weiterhin aktiv beim Aufrütteln. Haltet Ihr die Verhältnisse immer noch für veränderbar?
Kamerun: Das schöne an der Welt der Kunst ist ja, daß sie eine symbolische ist. Das heißt, wir können da die Schwerkraft mal einen Moment außer Kraft setzen und demonstrieren, wie es auch anders gehen könnte. Diese Band steht für das Beharren darauf, daß es noch eine andere Idee von Leben geben könnte.
Interview: Rolf von der Reith