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Die Ibiza Affäre: Wie entstand das Strache-Video?

Während auf Sky mit Die Ibiza-Affäre fast schon satirisch die Details zum Rücktritt von Österreichs Vizekanzler HC Strache im Jahr 2019 als Crime-Serie gezeigt werden, hat es jetzt auch Kanzler und ÖVP-Politiker Sebastian Kurz erwischt – er musste wegen Korruption zurücktreten. Doch das ist noch ein heißes Themen für Politikjournale und Tageszeitungen, während die unglaublichen Vorkommnisse um den rechtspopulistischen Strache bereits befreit lachen lassen, zumal wenn in der Fiktionalisierung Nocholas Ofczarek die treibende Kraft beim Absägen des Rechtspopulisten spielen darf.

Dubiose Figuren können durchaus gute Werke für die Allgemeinheit vollbringen, sogar aus Eigennutz. Julius Hessenthaler war bei der sogenannten Ibiza-Affäre in Österreich die Schaltzentrale einer kleinen Gruppe von Menschen, die nichts Geringeres vollbrachte als den Sturz der österreichischen Regierung Kurz, was ihm 2019 dann auch gelang. Seit eineinhalb Monaten muss Hessenthaler sich deshalb vor einem österreichischen Gericht verantworten, auf Sky aber zeigt der Politkrimi Die Ibiza-Affäre in vier Folgen, wie das moralische Gewissen eines Politiker-Fahrers, die politische Sensibilität eines Anwalts mit Migrationshintergrund und die politische Haltung eines Privatdetektivs mit zweifelhaftem Ruf durchaus Wirkkraft entfalten können.

Nicholas Ofczarek spielt lässig-schmierig Julius Hessenthaler im Vierteiler, der am 21. 10. auf Sky Atlantic startet und auf Sky Ticket gestreamt werden kann. Er spielt den Privatdetektiv, der nach dem Coup aus dem Off und untergetaucht in Rumänien seine unglaubliche Geschichte erzählt. Regisseur Christopher Schier – bisher mit vielen „Tatort“-Folgen aufgefallen, jagt uns durch Raum und Zeit von 2018 nach 2013 und von dort nach 2020 und wieder zurück nach 2015, um schließlich über 2011 und 2019 wieder nach 2015 zu switchen, wohlgemerkt nur in der ersten Folge der Miniserie. So erfahren wir, was alles dazu führte, dass Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechtsextremen Partei FPÖ auf Ibiza darüber schwadronieren konnte, welche Zeitungen nach einem Putsch in Österreich als erste gleichgeschaltet würden.

Wie Hessenthaler gemeinsam mit dem Wiener Anwalt Ramin Mirfakhrai (David A. Hamade) den Coup immer weiter vorantreibt; wie Mirfakhrai dann die Verbindungen zwischen der Immobilienmaklerin Irena Markovic und der von ihm selbst erfundenen Oligarchennichte herstellt; wie sie dann auf der Finca von Ibiza die FPÖ-Politiker HC Strache und Johann Gudenus dazu bringen, sich zu den größten Polittrotteln der jüngeren Geschichte zu machen: Das ist ganz großes Theater. Natürlich darf auch die Rolle der Süddeutschen Zeitung und des Spiegel nicht unter den Tisch fallen: Beide Redaktionen überprüften das Videomaterial auf seine Echtheit und entschieden sich, die relevanten Stellen zu veröffentlichen.

Im Vorfeld wurde viel diskutiert, ob solch herrliche Schmierenkomödien aus dem realen Raum jegliche fiktionale Aufbereitung obsolet machen könnten. Da ist was dran. Andererseits: Die Hitler-Tagebücher waren ebenfalls bereits in der Realität eine unglaubliche Lachnummer, was Helmut Dietl im Kino dann noch mal souverän toppte. „Die Ibiza-Affäre“ ist keine Satire, sie ist ein bitterböses Drama, mit vielen schmerzhaften Lachern garniert, damit man die schlimmen politischen Zustände in Österreich auch einigermaßen aushalten kann. jw

 

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