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Die Philosophie im Boudoir

Schauspielhaus Bochum
(Foto: Martin Steffen)

Herbert Fritsch will in Bochum „Gedanken aus dem Giftschrank holen".

Es ist schon bemerkenswert, mit welchem eisernen Willen Neu-Intendant Johan Simons das Ziel verfolgt, Bochum wieder in die erste Liga der deutschen Sprechtheater zu bugsieren. Dass er das mit der eigenen, längst etablierten Regiesprache macht – geschenkt. Aber gleichzeitig positioniert Simons sein Haus auch bewusst als divers, was nicht nur heißt, dass hier nicht-deutsche, nicht-weiße, nicht-heterosexuelle Gesichter präsent sind, sondern auch ästhetische Positionen, die ganz weit weg sind von Simons’ ernsten, textnahen Literaturerkundungen. Zum Beispiel die von Herbert Fritsch. Der hat sich während der vergangenen zehn Jahre zum erfolgreichsten Regisseur der Gegenwart entwickelt, seine hochmusikalischen, energetischen Neuerkundungen des Genres Schwank haben praktisch ein Abo auf Einladungen zum Theatertreffen. Nur entstehen sie eben vor allem in Berlin, Hamburg, Zürich, nicht in ein wenig aus dem Fokus gerutschten Häusern wie Bochum. Dass ein Starregisseur wie Fritsch jetzt im Ruhrgebiet inszeniert, darf sich Simons entsprechend stolz aufs Revers heften. Auf dem Programm steht skandalträchtig de Sades „Philosophie im Boudoir“. „Die Literatur des Marquis de Sade (…) war eine Irritation, die mein Denken und meine Gefühle mobilisierte“, begründet der Regisseur diese Stückwahl. „Man muss sich auf extreme Gedanken einlassen, um sein eigenes Denken zu trainieren. Man muss Gedanken aus dem Giftschrank holen und sich ihnen stellen.“

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