Die Posaune im Porzellanladen
Mit der Funk Unit erlangte er internationale Bekanntheit. Jetzt zeigt sich Nils Landgren mit einem Kammerjazz-Album von seiner ruhigen Seite.Von Hauke Meyer
Die Posaune ist den meisten wohl als zentraler Teil swingender Big Bands oder durch kleinere, aber eben doch fulminant klingende Jazzensembles geläufig. Für leise Töne kennt man das Instrument eher nicht – und genau das will Nils Landgren ändern, wenn er mit „Kristallen“ ein Album vorlegt, das deutlich macht, dass das Blasinstrument auch in kleinsten Konstellationen funktioniert und problemlos feinere dynamische Wechsel bedienen kann. Auf dem gemeinsam mit Pianist Jan Lundgren aufgenommenen Album präsentiert der vor allem mit seiner Funk Unit bekannt gewordene Landgren 13 Stücke, die größtenteils als Instrumentalduette angelegt sind.
„Kristallen“ ist keine Platte, die von der technischen Virtuosität seiner Musiker lebt, sondern viel mehr von der Aufmerksamkeit, die die Agierenden dem Spiel des jeweils anderen zukommen lassen. Beim Opener „Blekinge“ nimmt sich Landgren deutlich zurück, seine gestreckten Melodietöne legen sich sanft über das beinah impressionistische Spiel Lundgrens und erweitern das Klangspektrum vor allem dort, wo der Pianist sich in den Hintergrund zurückzieht. Auf dem von Keith Jarret komponierten „Country“ steht Landgrens Spiel deutlicher im Vordergrund: Über die Akkordbegleitung Lundgrens, halb Bluesnummer, halb Folksong, soliert der Posaunist mit fein gesetzten Blue-Notes und bläst sein Instrument problemlos in die oberen Register. Mit „Hornlatar“, das auf traditionellen schwedischen Hornsignalen beruht, beweisen die beiden Musiker auch kompositorisches Feingefühl, indem sie das zentrale Thema im Wechselspiel jeweils leicht variiert vortragen. Die Höhepunkte sind hier nicht gleich ekstatischer Ausbruch, sondern beruhen auf der feinen Abstimmung der Instrumente.
Wer Landgren ausschließlich aus seiner Funk Unit kennt, wird von dem überwiegend ruhigen Ton des Albums überrascht sein. Dabei funktioniert „Kristallen“ als Kammerjazz-Album erstaunlich gut: Langsam entfalten sich die Stücke mit dezent gesetzten Höhepunkten. Feine dynamische Wechsel bieten eine große Abwechslung, die das Ohr immer wieder dazu inspiriert, noch etwas genauer hinzuhören.