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Frank Spilker: „Jetzt gibt es zwei Klassen von Zurückgebliebenen“

Sänger Frank Spilker musste schon das Verschwinden der physischen Tonträger miterleben und nun das fehlende Live-Geschäft. Die Folgen sieht er schon jetzt.

Frank Spilker ist Sänger der Hamburger Indie-Pop-Band Die Sterne.

„Als das los ging, haben wir geschätzt, wie lange das wohl gehen wird mit dem Shutdown, und sind so auf vier Wochen bis allerhöchstens zwei Monate gekommen. So macht man das in der Branche. Man schätzt, wie viele Zuschauer kommen werden, wie hoch die Kosten für eine Produktion sein werden, wie lange es dauern wird, bis das nächste Album fertig wird. Nie ist irgendetwas im Vorhinein ganz genau zu sagen. Man schätzt und schätzt und schätzt, und manchmal verschätzt man sich. Ich gehöre zu der Generation von Musikern, die das Verschwinden des physischen Tonträgers miterleben mussten, der ein wichtiger Teil des ganzen Geschäftsmodells war. (Ja, auch geniale Künstler müssen ihre Miete zahlen.) Außer Idealen und der Liebe zur Kunst war das Live-Geschäft das einzige, was blieb. Bis zu dieser Naturkatastrophe. Jetzt gibt es zwei Klassen von Zurückgebliebenen: Die, die ein Gehalt oder zumindest ein Ausfallhonorar aus der Staatskasse beziehen, und alle anderen. Letztere werden zu Bittstellern, als hätten sie nie einen Beruf gehabt. Das wird Spuren hinterlassen. In der Kunst und auch politisch. Hoffen wir, dass  es nicht ganz so schlimm kommt wie damals, als der alte Fritz sich verpflichtet fühlte, sich bei unseren Nachbarn, den Franzosen, für die Kulturlosigkeit der Deutschen zu entschuldigen. Schuld war damals auch eine Katastrophe: der dreißigjährige Krieg.

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