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Blutiger Thriller vor Traumkulisse

Mit „Die Toten von Marnow“ bringt die ARD einen ganz düsteren Thriller um einen Pharmaskandal aus DDR-Zeiten und seine tödlichen Folgen ins Fernsehen.

Einem Mann in einer Plattenbausiedlung in Schwerin wird die Kehle durchgeschnitten, überhaupt wird er ziemlich viel geritzt, dann, nach drei Stunden tot auf dem Sofa, kommt der nächste Killer, hängt ihn kopfüber im Bad auf und lässt ihn gepflegt ausbluten. Außerdem ritzt er ihm den Vorwurf „Kinderficker“ in die Stirn. Auf seiner Computerfestplatte hat der Tote später Bilder von nackten Kindern. „Die Toten von Marnow“ ist der erste Krimi des Schriftstellers Holger Karsten Schmidt mit Lona Mendt (Petra Schmidt-Schaller) und Frank Elling (Sascha Geršak) als Ermittlerpaar, das Trio komplett macht der junge Kollege Sören Jasper (Anton Rubtsov). Noch bevor die Drei so richtig mit der Ermittlung begonnen haben, durchtrennt der Mörder auch in einer exklusiven und teuren Seniorenresidenz eine Kehle: Diesmal trifft es nach dem Hartz-IV-Empfänger aus der Platte einen ehemaligen leitenden Mitarbeiter einer Pharmafirma aus Hannover. Was haben die beiden Fälle gemeinsam? Je mehr Spuren Mendt, Elling und Jasper finden, desto uneindeutiger wird der Fall.

„Die Toten von Marnow“: Früher in der ARD-Mediathek

Während die Miniserie erst ab dem 13. März im linearen Fernsehen ausgestrahlt wird, kann man alle acht Teile schon ab dem 6. März in der Mediathek streamen. Damit verfolgt die ARD erneut ihr noch nicht so altes „Online first“-Konzept.

Holger Karsten Schmidt hat nicht nur den gleichnamigen Thriller, sondern auch das Drehbuch zur ARD-Serie „Die Toten von Marnow“ geschrieben. Es ist ihm perfekt gelungen, die Bestechlichkeit  des immer knietief im Dispo steckenden Familienvaters Frank Elling vom Buch in den TV-Thriller zu übertragen. Für die tief verschütteten Geheimnisse seiner Partnerin Lona Mendt lässt sich „Die Toten von Marnow“ dagegen etwas länger Zeit, dann aber – als sie zwischen westdeutschen Pharmariesen, Stasi-Seilschaften und kriminellen Mitarbeitern des Landeskriminalamtes fast zerrieben wird – dreht die taffe Motorradfahrerin so richtig auf, und schon bald müssen Mendt und Elling nicht nur dessen Bestechlichkeit irgendwie ungeschehen machen, sondern beinahe auch noch Mendts Leichen verscharren. Die Mecklenburgische Seenplatte aber verliert bei dem ganzen Blut, das da fließt, sukzessive ihre wunderbare Postkartenidylle als touristische Region.

„Die Toten von Marnow“: Thriller mit Tiefgang

Wofür aber nicht nur das ständig die Grenzen der Legalität überschreitende Ermittlerduo verantwortlich ist; auch die Inszenierung der Region durch Regisseur Andreas Herzog Hand in Hand mit Kameramann Philipp Sichler tut das Ihre, ganz zu schweigen vom minimalisisch-düsteren Score des schwedischen Komponisten Martin Tingvall. Der zunehmende Schmerz des privat  sich verzweifelnd bemühmenden Frank Elling, die Traumata der durch die Hölle gehenden Lola Mendt und der seine Nase zu tief in Angelegenheiten steckende Sören Jasper: Sie alle werden psychologisch tief ausgeleuchtet und spiegeln bei ihren Ermittlungen nicht nur Verbrechen wider, sondern auch zutiefst berührende Momente der Liebe unter Menschen, deren Lebenswege sie kreuzen. „Die Toten von Marnow“ ist ein Thriller, klar. Die Serie ist aber noch viel mehr; sie verhandelt ganz nebenbei Politskandale aus der Zeit vor dem Mauerfall und ihre Auswirkungen auf die Gegenwart. Und sie verhandelt ganz elementar die Suche der Menschen nach Glück im Leben und die Schwierigkeit, es zu erhaschen. Der Thriller ist wirklich, wirklich düster. Und dennoch hoffnungsfroh. jw

 

 

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