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Dirk Schlömer

Zu Ton, Steine, Scherben stieß Gitarrist Dirk Schlömer erst, als alle Barrikaden bestiegen waren. Mit Das Zeichen watet er dagegen im erdfernen Esoterikmatsch. Wir sprachen mit ihm vor seinem Gig auf Burg Altenburg.

city.mag: Herr Schlömer, einst riefen die Scherben „Macht kaputt, was euch kaputt macht“. Sie säuseln jetzt vom Ozean und gründen eine globale Kirche. Woran liegt‘s – Frust? Rios Tod?

Dirk Schlömer: Ich bin „Spätscheibe“; der letzte, der in den 80ern dazugekommen ist. Zu diesem Zeitpunkt hat Rio selber dieses Lied bereits ein gutes Jahrzehnt nicht mehr angestimmt. Am Anfang war die Sehnsucht – nach mehr Gerechtigkeit, mehr Freude, mehr Gemeinsamkeit. Wenn ich diese Sehnsucht heute in feineren Frequenzen ausdrücke, so ist es eine Frage der Wahrnehmung, ob man dies als „Säuseln“ oder vielleicht als „frische Brise“ empfindet.

city.mag: Was Sie mit Alt-68ern wie Rainer Langhans verbindet, ist die Transzendenz. Hängt die mit jener üblichen Stimmung zusammen, die die Menschheit immer gegen Jahrtausendende befällt – eine Rückversicherung, damit einen die Apokalypse nicht kalt erwischt?

Schlömer: Ja, letztes mal war’s so, um das Jahr Null war’s auch nicht anders. Erinnern Sie sich nicht … ?

city.mag: Sorry, ich glaube nicht an Wiedergeburt… Bei Das Zeichen geht es jedenfalls um Pyramiden und Babylon. Wäre es nicht sinnvoller, nach vorne zu schauen, statt spirituell im Vergangenen zu schwelgen?

Schlömer: Wiederkehr ist die lange geleugnete Kraft hinter den Läuften der Geschichte. Und hier sind die Pyramiden tatsächlich Lehrmeister: Das Bewußtsein der zyklischen Zusammenhänge über unvorstellbare Zeiträume hinweg bestimmt auf bis heute ungeklärte Weise die Entstehung dieser Intelligenzmaschinen. Deswegen ist der Blick zurück ein Blick nach vorn. Wenn man spirituell ist, kann man also gar nicht in der Vergangenheit „schwelgen“, denn spirituell zu sein heißt: in der Gegenwart sein.

city.mag: Wie an Silvester: Dann treten Sie beim ersten Winter-Open-air der Rockgeschichte auf. Wie spielt man denn bei Minusgraden Gitarre – mit Handschuhen …?

Schlömer: Mit Konzentration, Liebe – und einer guten Bühnenheizung.

Interview: Matthias Wagner

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