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Donald Ray Pollock: Die himmlische Tafel

Georgia und Ohio, 1917: Da lebt man schon im Wilden Westen und hat doch nichts davon! Die Brüder Cane, Cob und Chimney Jewett werden von ihrem gläubigen Vater klein gehalten. Denn nur arme Christen dürfen nach dem Tod an Gottes reich gedeckter, himmlischer Tafel speisen. Und so haust die Familie in einer schimmligen Ein-Raum-Hütte, arbeitet für einen Hungerlohn und zu Essen gibt’s nur fade Pampe. Dabei träumen die Jewett-Brüder von Wildwest-Abenteuern wie sie in ihrem alten Groschenheft passieren, von einer Zeit, als es hier wohl noch wirklich wild zuging. Nach dem Tod des Vaters pfeifen sie auf Papas Bibel und setzen auf den Heftroman als Handlungsrichtlinie für ihr weiteres Leben. Sie reiten zur nächsten Stadt, rauben die erstbeste Bank aus und beginnen linkisch eine Reihe von Überfällen und Morden. Schon bald werden die Jewetts zur Legende und versetzen das Land in Angst und Schrecken. In seinem bizarr-komischen Epos verbindet Pollock die Geschichte der kriminellem Brüder-Bande mit vielen skurrilen Nebenfiguren, die eine Zeit der technischen, gesellschaftlichen und moralischen Umbrüche illustrieren. Unbeholfene und überforderte Menschen, denen Westernhelden realer erscheinen, als ein abstrakter Weltkrieg in der Ferne. Dabei gelingt Pollock eine grandiose, in Blut und Dreck getränkte Southern-Gothic: Er zeigt die USA in ihrer wohl chaotischsten und brutalsten Epoche.

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