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„Electric Stories“ von Sebastian Gahler: Ein Gruß an den Groove
Der Düsseldorfer Jazzpianist Sebastian Gahler hat für sein neues Album ausnahmsweise den Flügel gegen ein paar Vintage-Keyboards eingetauscht und einen Gruß an die großen Groove-Vorbilder der 60er- und 70er-Jahre komponiert.
Im Grunde beschreibt bereits der Titel des neuen Albums des Düsseldorfer Jazzpianisten Sebastian Gahler ziemlich gut, was einen hier erwartet: „Electric Stories“. Den Jazzflügel in die Ecke geschoben, hat sich Gahler für dieses Projekt hinter die Vintage-Keyboards geklemmt. Er kombiniert die glockigen Tines eines Fender Rhodes mit dem knackigen Punch eines Wurlitzer E-Pianos, mischt das schwebende Vibrato einer Hammond B-3-Orgel mit den warmen Lead-Sounds eines Moog-Synthesizers und setzt i-Tüpfelchen mit dem silbrigen Klang eines Hohner String Performers. Zu viel Fachgesimpel? Kein Problem, es lässt sich eben auch auf eine ganz einfache Formel herunterbrechen: „Electric Stories“. Gahler goes electric.
Sebastian Gahler goes electric
Jeder der zwölf Songs erzählt eine kleine Groove-Geschichte, flankiert vom zurückgelegten Cruiser-Jazzsound unter der Schirmherrschaft Gahlers. Vorbild dieses Sounds ist unverkennbar ein Herbie Hancock. Aber auch Quincy Jones grinst einen zwischen all den warmen Grooves verschmitzt an. Nach seinem so erfolgreichen, von Haruki Murakami inspirierten Album „Two Moons“, war es für Gahler nun an der Zeit, wieder neue Wege zu gehen. Begleitet wurde er dabei von einem Quintett, das seinesgleichen sucht: Niklas Schneider an den Drums, Nico Brandenburg am E-Bass, Martin Feske an der E-Gitarre und – als Gast auf fünf Stücken – Denis Gäbel aus der HR-Bigband am Tenorsaxophon. Besonderes Highlight und weiterer Gast: der renommierte New Yorker Jazz-Posaunisten Andy Hunter.
Es muss ein unglaublicher Spaß gewesen sein, dieses High-Energy-Jazzalbum aufzunehmen. Jeder Songs strotzt nur so vor purer Lust am Groove. Mal fordern die sechs Musiker den Groove heraus, etwa wenn der sonst eher dahingleitende Song „Rest“ allmähliche von Dissonanzen und perkussiver Rebellion aufgerüttelt wird, dann befördern sie wieder die Groove-Essenz ans Tageslicht. So ist es etwa beim Opener mit dem passenden Titel „Cruiser (0816)“ unmöglich, nicht mit dem Kopf zu nicken. Und das angefügte 0816 ist übrigens ein bloßes Produktionssiegel: komponiert im August 2016. Ein Siegel, das dennoch unglaublich gut auf dieses Album passt: Trotz aller Eingängigkeit und der liebäugelnden Nähe zu Easy-Listening-Jazz wird es mit Gahler nie, aber wirklich nie nullachtfünfzehn.