Ethan Hawke
Kurt Cobain ist tot, Pearl Jam erwachsen. Das Letzte, was vom Grunge noch übrig bleibt, ist Ethan Hawke. Die Grunge-Filme „Voll das Leben“ und vor allem „Before Sunrise“ prägen auch heute noch das Bild des bleichen Schönen mit dem Zusselbärtchen. Jetzt ist Hawke wieder mit Julie Delpy im Dauerdiskurs.
kulturnews: „Before Sunrise“ war einer ihrer größten Erfolge. Wie kam es zur Fortsetzung?
Ethan Hawke: Es hat immerhin neun Jahre gedauert, in denen Julie Delpy und ich oft darüber sprachen, wie man die Lovestory weiterführen könnte. Schließlich setzten wir uns mit Regisseur Richard Linklater zusammen und schrieben ein gemeinsames Drehbuch. Julie ist eine ganz besondere Frau, ich kenne keine andere, mit der man sie vergleichen könnte. Mir gefällt es, dass sie sich übers das Leben so viele Gedanken macht, dass sie viel liest und dass sie versucht, die Welt zu verstehen und zu verbessern. Ich glaube, deshalb verstehen wir uns so gut. Manchmal kommt es mir so vor, als ob Richard und Julie die einzigen Menschen sind, die mich wirklich kennen.
kulturnews: Was reizte Sie daran, die Geschichte von Jesse und Celine weiterzuerzählen?
Hawke: Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich. Wenn man sich noch einmal mit einer alten Rolle auseinandersetzt, denkt man auch über die Veränderungen seines eigenen Lebens nach. Mit 24 war ich noch ziemlich naiv und stürmisch. Heute bin ich mit mir selbst viel mehr im Reinen. Vielleicht stimmt es ja, dass man mit dem Alter auch weiser wird.
kulturnews: Haben sich die anderen auch verändert?
Hawke: Julie bestimmt, nur bei Richard hatte ich das Gefühl, dass er immer noch der Gleiche ist. Aber er ist auch zehn Jahre älter als wir. Wahrscheinlich verändert man sich ab 30 nicht mehr so schnell. Je älter man wird, desto mehr findet man zu sich selbst.
kulturnews: In „Before Sunset“ geht es um die große Liebe, die man festhalten muss. Glauben Sie nach Ihrer Trennung von Uma Thurman noch daran?
Hawke: Ich glaube, man darf den Glauben daran nicht verlieren. Selbst wenn die großen Gefühle vorbei sind, wird man sich dieser Person immer verbunden fühlen. Jeder hätte es lieber, wenn sich im Leben alles so abspielen würde, wie wir es uns wünschen. In Wirklichkeit entscheidet jedoch jeder Moment, in welche Richtung es weiter geht.
kulturnews: War es nicht schwer, einen Film über die große Liebe zu drehen, wenn man im wahren Leben gerade das Gegenteil erlebt?
Hawke: Ja, das war sehr hart. Als Schauspieler fühlt man sich manchmal ziemlich nackt, wenn man Gefühle ausdrücken soll. Wichtig ist, dass man seine eigenen Erfahrungen einbringen muss. Jeder von uns hat Trennungen durchgemacht und an bestehenden Beziehungen gezweifelt. Wir sind uns alle ähnlicher als wir denken. Insofern half mir der Film, meine negativen Erfahrungen ins Positive umzudrehen.
kulturnews: Haben Sie noch Kontakt zu Uma?
Hawke: Natürlich, wir haben zwei gemeinsame Kinder, um die wir uns für den Rest unseres Lebens kümmern müssen. Ich hoffe, dass wir schon bald gute Freunde werden können. Aber noch berührt es mich zu sehr, um jetzt sagen zu können, welches Verhältnis wir irgendwann mal haben könnten. Für mich ist es eine sehr qualvolle Phase meines Lebens, aber wir müssen einen Weg finden. Das sind wir unseren Kindern schuldig.
kulturnews: Können Sie sich vorstellen, dass Sie sich mit Julie Delpy und Richard Linklater noch einmal zusammenfinden, um das Kapitel von Jesse und Celine aufzuschlagen?
Hawke: Ich hoffe, dass es dazu kommt. Das hängt natürlich auch davon ab, ob die Leute den zweiten Teil mögen werden und mehr erfahren wollen. Dann würde auch nichts dagegen sprechen, fünf Filme zu machen. Es wäre doch toll, mit anzusehen, wie Jesse und Celine älter werden und sich verändern. Man muss dann tiefer gehen. Im ersten Film ging es um die Hoffnungen und Möglichkeiten von zwei jungen Menschen, diesmal erleben wir die gleichen Personen, die mitten im Leben stehen, und im dritten Teil müsste dann die Sexualität zwischen den beiden in dem Mittelpunkt gerückt werden. An uns soll es jedenfalls nicht liegen, denn Richard, Julie und ich fühlen uns sehr verbunden. Wir sehnen uns regelrecht danach, wieder und wieder miteinander zu arbeiten.
Interview: Markus Tschiedert