Etwas mehr Mut
Bei keinem Thema verliert die Berliner Fotografin Edith Held ihren Humor. Das reicht aber nicht, sagt sie, um ein ganz neues Zukunftsbild zu schaffen.
Edith, deine Fotografien erzählen Geschichten von Menschen und von surrealen Welten. Sie regen zum Austausch an. Worauf brennst du jetzt? Was willst du in diesem Jahr erzählen?
Edith Held: In meinen Fotografien spiele ich gerne mit Wahrheiten und versuche mit viel Neugier und Entdeckergeist, die Facetten des Lebens zu ergründen. Dann erlaube ich mir meine eigene Sicht auf die Dinge – und gespickt mit ein bisschen Humor ist das für mich ein gutes Rezept, um ein Projekt anzugehen. Seit vorletztem Jahr plane ich eine Geschichte zum Thema Bankraub und Überwachungskameras, soviel kann ich schon verraten …
Bei so langer Vorbereitung entwickelt und verändert sich das Thema sicherlich. Bist du dann selbst überrascht, was am Ende dabei heraus- kommen?
Held: O ja, das ist schon oft passiert. Aber durch diese Überraschungen entsteht manchmal am Schluss wieder eine neue Überlegung. Und so passiert eigentlich immer irgendwas … bis zum bitteren Ende.
Viele Künstler*innen hängen gerade mit ihren Arbeiten in der Warteschleife. Wie ist das bei dir? Und was hilft dir am besten, um da raus- zukommen?
Held: Ich bin mein ganzes Leben schon immer eine Art Chamäleon gewesen, das sich an bestimmte Dinge anpassen musste, deshalb erschüttert mich so etwas nicht. Ich versuche dann zu improvisieren. Man muss vielleicht etwas geduldiger sein. Krisen waren schon immer schmerzhaft, aber auch heilsam, und haben ein völlig neues Denken eröffnet.
Neben deiner Porträtfotografie realisiert du persönliche Projekte wie „The Truth“, bei denen du gerne mit Humor herangehst. Was ist dir dabei besonders wichtig?
Held: Humor ist eines der wichtigsten Dinge im Leben. Jeder hat sich morgens schonmal im Spiegel angeguckt und gedacht, ich lache jetzt lieber mal. Bei meinen Arbeiten greife ich gerne etwas auf, über das Menschen nachgedacht haben, und setzte dann meine eigene Wahrheit mit dieser Art von Humor um. Das hilft mir bei Projekten wie „The Truth“, bei denen ich viel Dokumentarisches aufnehme, mir meine Meinungen bilde, mich dann aber auch wieder frage: Weiß ich überhaupt, was ich denke? Ich verstehe meine Arbeiten als Anregungen zum Weiterdenken. Manchmal glaube ich, man denkt immer viel zu schwer. Meine Projekte sind große Entwicklungsgeschichten, bei denen ich nicht von Anfang an genau weiß, wohin der Weg geht.
In deinem Fotoprojekt „Neue Welt“ lässt du deine Porträtierten sehr persönlich von ihren Sehnsüchten und Träumen erzählen. Ist da für dich ein Herzensprojekt in Erfüllung gegangen?
Held: Wenn es darum geht, dass irgendwas eine Meinung hat, die dann auch der Wahrheit entspricht, dann sind es ja wohl die Kinder. Deshalb habe ich das Projekt damals gemacht. Ich mische gerne ein soziales Projekt mit meiner eigenen konzeptionellen Fotografie.
Wie sehen deine eigenen Träume, Wünsche und Sehnsüchte, insbesondere für dieses Jahr aus?
Held: Ich wünsche mir für unsere Welt, dass sie die wirklich wichtigen Dinge umsetzt. Vielleicht braucht es auch immer etwas Mut. Ich glaube, dass man im Leben durch Sehen von Dingen, sei es Kunst, Musik oder Tanz, seine Reflexion auf die Welt ändert. Wir sind ein Teil der Natur und müssen alle den Wert unseres Planeten erkennen, um ein neues Zukunftsbild zu schaffen. Dafür müssen wir kämpfen. Wir können uns dabei auf niemanden verlassen, nur auf uns selbst.
Interview: Janka Burtzlaff