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Fazil Say

Der junge Pianist, geboren in Ankara, Wohnsitz in New York, löst in seiner Heimat Wogen von Nationalstolz aus wie sonst nur die Siege von Galatasaray Istanbul. Der erste Türke in der Weltliga klassischer Klavier-Interpreten schickt sich an, sich auch in Deutschland einen Namen zu machen.

Dabei wird ihm seine neue CD-Einspielung mit Stücken von George Gershwin (Teldec Classics) sicherlich behilflich sein. Denn er schafft es, mit Ragtime-Rhythmen und Latin-Elementen selbst das viel zu oft gehörte „Summertime“ wieder zu beleben. Höhepunkt ist sein schwungvolles Spiel bei der Rhapsody in Blue“ und den Variationen zu „I got Rhythm“, unterstützt vom New York Philharmonic Orchestra unter Kurt Masur.

Fazil Say ist sich Gershwins abträglichen Rufs als Pop-Komponist wohl bewusst und gibt zu: „Im Vegleich zu seinen Zeitgenossen Alban Berg und Stravinsky war er sicherlich populistisch, das kommt eben von der Broadway-Kultur.“ Was Says Bewunderung für Gershwin nicht mindert – und eine pragmatische Erwägung kommt noch hinzu: „Als junger Künstler kommt man nicht in den Markt, wenn man nur Stücke völlig unbekannter Komponisten spielt. Die Leute fragen: ‚Ja, dies hier spielt er ja sehr schön, aber wie spielt er Mozart und Bach?‘ Man muss den Leuten Referenzpunkte geben.“ Die können die Leute haben, findet der 30-Jährige Say und sagt deutlich, was er anstrebt: „In meiner Interpretation soll eine ganz strenge, kompromisslose Identität erkennbar sein – wie bei Glenn Gould oder Horovitz.“ Vor großen Namen als Vorbildern hat Fazil Say keine Scheu, denn was wäre auch die Alternative? „Das hat auch keinen Sinn, die Stücke normal durchzuspielen wie tausende andere auch.“

Fazil Say beschränkt sich aber nicht darauf, vorhandenem Material neue Ideen, neue Klänge abzutrotzen – er komponiert auch selber. Mit Passion und Ausdauer, aber wegen seiner vielen Konzertverpflichtungen nicht so oft und kontinuierlich, wie er es sich wünschen würde. Auf Tournee ist Say ausschließlich Interpret, da fällt das Komponieren völlig flach. So wie Say mit Bedacht seine Interpretationen angeht, so viel Überlegung steckt er auch in seine eigenen Schöpfungen: „Als Komponist muss man wirklich sehr viel darüber nachdneken, was man komponiert – was ist die Basis, was ist die Idee? Nach all diesen Genies, nachdem alles schon probiert worden ist, nachdem alle Türen geschlossen sind – was kann man da noch machen?“ Zugänglichkeit ist für Say ein wichtiges Kriterium beim Komponieren, Offenheit ist ein weiteres: so finden sich anatolische Klänge neben Jazz- Elementen; Say spielt seine Beethoven- und Mozart-Programme in den klassischen Konzerthallen und tritt mit der gleichen Selbstverständlichkeit mit einem Jazz-Quartett beim Festival in Montreux auf.

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