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FDP: Kultur ist ein wichtiger Wirtschaftszweig

Die Antworten der FDP kommen von der FDP-Zentrale in Berlin, dem Hans-Dietrich-Genscher-Haus. Hartmut Ebbing, der kulturpolitische Sprecher der FDP, hat die Fragen dorthin weitergeleitet.

Der Kulturbegriff im Diskurs um kulturpolitische Entscheidungen ist bei weitem nicht umfassend genug. Das hat sich während der eineinhalb Jahre deutlich gezeigt, die von Covid-19 gezeichnet waren. Wie stehen Sie zu einer Erweiterung des Kulturbegriffs bei der staatlichen Förderung?

FDP: Mit dem gesellschaftlichen Fortschritt entwickelt sich auch das kulturelle Angebot ständig weiter. Moderne Kulturpolitik muss das berücksichtigen. Die Freien Demokraten setzen sich deshalb dafür ein, dass neben den etablierten Formen kultureller Angebote, wie z.B. Theatern, Opern oder Museen, auch neuere Formate des Kulturellen, wie z.B. Videospiele oder Clubs, die ihnen zustehende Anerkennung ihrer kulturellen Bedeutung erhalten. Denn auch sie leisten – abseits der Hochkultur – einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben. Insofern ist staatliche Förderung stärker zu differenzieren.

Vom Puppentheater über Kinos und Musicalhäusern bis hin zu Konzertarenen müssen alle Kulturveranstalter strukturelle Förderungen erfahren, um Krisen wie den Lockdown bestehen zu können.

Vor allem aber auch die Kleinstunternehmen, die den unverzichtbaren kreativen und technischen Support organisieren, müssen strukturell abgesichert sein.

FDP: Der Bund hat in der Corona-Krise großzügige Hilfen ausgezahlt. Das geschah trotz frühzeitiger Kritik häufig nicht so schnell und so effizient, wie wir Freie Demokraten es uns gewünscht hätten. Auch die Instrumente hätten klüger gewählt werden können – etwa durch die Einführung einer negativen Gewinnsteuer. Gerade im Kulturbereich hätte es neben den Neustart-Programmen und dem Sonderfonds für Kulturveranstaltungen weitere, treffsicherere Unterstützungen geben müssen. Klar ist jedoch auch: Die Krise darf nicht als Vorwand genutzt werden, um Kulturanbieter und Unternehmen der Veranstaltungsbranche, die sich vor der Pandemie erfolgreich mit ihrem Angebot behauptet und selbst finanziert haben, zum Bittsteller des Staates zu machen. Staatliche Förderung, auch strukturelle, sollte deshalb so sensibel wie möglich eingesetzt und nach der Krise überall dort wieder zurückgeführt werden, wo sie auch vor Corona wirtschaftlich nicht notwendig war. Andernfalls laufen wir Gefahr, dass die Kultur perspektivisch nur noch als Staatskultur wahrgenommen wird. Das ist gefährlich, denn eine großflächige Abhängigkeit von staatlicher Förderung geht am Ende immer zu Lasten von kultureller Entfaltungsfreiheit, Kreativität und künstlerischer Innovationskraft.

Noch immer können keine Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Gästen stattfinden. Was werden Sie unternehmen, damit Großveranstaltungen wieder möglich sind?

FDP: Die aktuellen Grenzen für Großveranstaltungen befinden sich im Fluss, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen liegt sie derzeit 2500, denn die Entwicklung der pandemischen Lage ist sehr dynamisch. Niemand kann derzeit mit absoluter Sicherheit sagen, dass Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Gästen bald definitiv und dauerhaft wieder möglich sein werden. Nach heutigem Wissensstand gibt es nur einen Weg, um die Pandemie möglichst schnell zu überwinden: Impfen. Nur wenn möglichst viele Menschen vollständig gegen das Corona-Virus geimpft sind, werden absehbar auch wieder größere Veranstaltungen möglich sein. Diesen Zustand müssen wir so schnell wie möglich erreichen. Veranstaltern sollte es zudem freigestellt sein selbst zu entscheiden, ob sie im Rahmen der Vertragsfreiheit ggf. nur geimpften und genesenen Personen den Zugang zu ihren Angeboten erlauben wollen.

Wie wollen Sie dies vertragssicher gewährleisten?

FDP: Wie gesagt: Die pandemische Lage ist hochdynamisch und von zahlreichen Faktoren abhängig. Viele dieser Faktoren liegen außerhalb politischer Einflussmöglichkeiten. Niemand kann garantieren, dass es nicht noch einmal zu einem Lockdown kommt – so sehr wir auch parteiübergreifend daran arbeiten dies zu verhindern. Um Veranstaltern von Großveranstaltungen dennoch eine gewisse Planungssicherheit zu ermöglichen hat der Bund im Frühjahr einen Sonderfonds eingerichtet. Er soll dazu dienen das Risiko von vollständigen oder teilweisen Veranstaltungsabsagen zu reduzieren, indem er Veranstaltern eine Ausfallabsicherung bietet. Die FDP hat die Einrichtung dieses Fonds unterstützt. Er ist ein erster wichtiger Schritt, um das kulturelle Leben in widrigen Umständen zu reanimieren.

Werden Instrumente eine Rolle spielen wie die Entscheidung, nur noch doppelt Geimpfte bei Veranstaltungen zuzulassen? Welche alternativen Instrumente sind angedacht?

FDP: Wir Freie Demokraten stehen zur 3G-Regelung. Personen, von denen kein erhöhtes Ansteckungsrisiko ausgeht, weil sie geimpft, genesen oder aktuell PCR getestet sind, dürfen nicht länger in der Wahrnehmung ihrer Grundrechte beschnitten werden. Der Staat darf ihnen den Besuch von Kulturveranstaltungen nicht verwehren. Anbieter und Veranstalter von Kulturveranstaltungen müssen jedoch im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit auch weiterhin die Möglichkeit haben darüber hinausgehende Zugangsbeschränkungen zu erlassen. Jedem Veranstalter muss es auch in Zukunft freigestellt sein z.B. nur geimpften Personen Einlass zu gewähren. Denn inzwischen hat in Deutschland jeder die Möglichkeit sich schnell und kostenlos gegen das Corona-Virus impfen zu lassen und auch Tests sind flächendeckend verfügbar.

Werden Entscheidungen eine Rolle spielen wie etwa ein Beschluss, wonach bei einer bestimmten Impfquote die Inzidenz keine Rolle mehr spielt bei der Durchführung von Großveranstaltungen?

Aus Sicht der Freien Demokraten ist die Pandemie nicht überwunden. Doch der Charakter hat sich verändert. Durch die Fortschritte beim Impfen sowie die Möglichkeiten zum Testen haben wir eine andere Situation als im vergangenen Jahr und müssen schrittweise zur Normalität zurück. Das bedeutet für Geimpfte und Genesene müssen weitergehende Freiheitseinschränkungen zurückgenommen werden. Die Inzidenz ist als alleinentscheidender Richtwert nicht länger zu halten. Sie muss durch weitere Indikatoren wie z.B. die Krankenhauseinweisungen, die Belegung von Intensivbetten oder die Anzahl beatmeter Patienten ergänzt werden.

Was wollen Sie unternehmen, damit die öffentlich-rechtlichen Sender in ihren Hauptkanälen in Zukunft ein breit gefächertes Kulturprogramm anbieten, das vor allem freischaffende darstellende Kunst, Musik aller Genres, Theateraufführungen und Tanz unabhängiger Bühnen und vieles mehr ins Programm bringen und über die Vergütung eine Kulturförderung etablieren, die nicht nur in Zeiten von Covid-19 dringend nötig ist?

FDP: Die Auftragsausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks obliegt den Ländern und seinen Parlamenten, die zudem die Autonomie der Sendeanstalten zu wahren haben. Wir Freie Demokraten wollen einen moderneren und schlankeren öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR), der sich primär auf Nachrichten, Kultur, politische Bildung und Dokumentationen konzentrieren soll. Eine Möglichkeit haben wir in unserem Antrag 19/14032 festgehalten. Durch den Abbau von Doppelstrukturen wird der Rundfunk effizienter. Durch weniger Wiederholungen werden Sendeplätze frei, die für die Kultur genutzt werden können, um die kulturelle Vielfalt und Szene in Deutschland hinreichend abzubilden.

Was wollen Sie tun, damit der kulturelle Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender neu und deutlicher formuliert und dieser Auftrag dann auch wirklich umgesetzt wird?

FDP: Eine Umsetzung kann nur durch regelmäßige Evaluierung und Zielüberprüfungen erfolgen. Es wäre daher zweckmäßig kurz-, mittel- und langfristige Zielsetzungen zu formulieren, die innerhalb einer Zielfrist umgesetzt werden. So kann trotz der Autonomie der Sendeanstalten eine Prüfung und Korrektur ermöglicht werden.

Zur Systemrelevanz von Kultur und ihre grundlegende Bedeutung für Mensch und Gesellschaft.

Wie lässt sich diese gesellschaftliche Notwendigkeit von Kultur aus allen Bereichen umwandeln in eine faktische materielle Absicherung?

FDP: Wir Freie Demokraten setzen uns für eine Erhöhung des Bundeshaushalts für die nationale und internationale Kulturförderung ein. Kulturförderung ist keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft unseres Landes. Für eine freie Entwicklung brauchen die Künste Förderung, weil sich gerade das Neue und Originelle oft jenseits der selbsttragenden Vermarktung findet. Wir wollen einen Anstieg der institutionellen Förderung zur Stärkung der Institutionen in ihrer Unabhängigkeit. Damit wird Deutschland seiner Rolle als Kulturnation gerecht.

Ebenso setzen wir uns dafür ein, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz durch Aufnahme des Artikels 20b mit dem Satz „Der Staat schützt und fördert Kultur“ festzuschreiben. Das wäre ein starkes Zeichen für die Bedeutung der Kultur in Deutschland als Teil unseres gemeinsamen europäischen Kulturraums. Wir betrachten dies als eine Werte-Entscheidung, denn es geht um den Schutz geistig-kreativer Arbeit als Lebensgrundlage vieler tausend Bürgerinnen und Bürger.

Wann wird damit begonnen?

FDP: Die Freien Demokraten treten im Wahlkrampf für ihre eigenen Inhalte und Programmvorschläge ein, die sie in eine neue Bundesregierung einbringen möchten. Mit dieser Regierungsbeteiligung ist eine Umsetzung unserer Vorschläge möglich.

Wie soll eine materielle Absicherung ausgestaltet werden?

Wir Freie Demokraten setzen uns für eine starke Kultur- und Kreativwirtschaft als wichtigen Wirtschaftszweig in Deutschland ein. Wir wollen Förderprogramme auch für kleinere Unternehmen und Solo-Selbstständige der Kultur- und Kreativwirtschaft öffnen. Förderanträge wollen wir vereinfachen. Auch Online-Formate wie Livestreams sind Teil einer lebendigen Kreativbranche. Daher wollen wir Online-Livestreams von der Rundfunklizenzpflicht befreien.

Darüber hinaus wollen wir zehn Prozent des jährlichen Budgets öffentlicher und öffentlich geförderter Kulturorganisationen in kulturelle Bildung investieren. Das kulturelle (Vermittlungs-) Angebot soll Menschen aller Altersgruppen und unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft offenstehen. Erst kulturelle Bildung öffnet den Zugang zur Kultur für alle.

Allerdings verstehen wir die materielle Absicherung nicht nur im Hier und Jetzt, sondern auch als eine Frage der Absicherung in der Zukunft. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine Reform der Künstlersozialkasse ein. Die Künstlersozialversicherung ist eine der tragenden Säulen der sozialen Absicherung vieler Kreativer. Wir wollen die Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern verstetigen beziehungsweise bei Bedarf evaluieren und anpassen.

 

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