„Leroy“: Von Beethoven zu Malcolm-X

Politisch unkorrekt und voller Stärke: Das ZDF zeigt mir „Leroy“ den 2. Film der Reihe „Film ab gegen Rechtsextremismus“.
Der 17-jährige Leroy lebt im Berlin des Jahres 2007, spielt Cello, hat eine Beethoven-Büste im Regal stehen und ist schwarz. Als der schüchterne, intelligente Junge aus bildungsbürgerlicher Schicht sich ausgerechnet in die Schulschönheit Eva verliebt, muss Leroy seine Komfortzone verlassen. Aber warum? Schließich ist Eva doch ebenfalle in ihn verliebt – aber es gibt andere Probleme: Eva ist die Tochter eines Politikers aus einer rechtsextremen Partei und hat fünf Nazi-Skins zu Brüdern.
Von Haus aus ist Armin Völckers Bildender Künstler, doch dann hatte er Mitte der Nullerjahre die Idee zu einem Drehbuch für einen Coming-of-Age-Film und führte gleich auch noch Regie. Er stattete den Streifen mit Musik von Jan Delay und Seed aus, Afrob, Denyo, Curse und Miss Platnum sind bei weitem nicht alle HipHop-Größen, die extra für Leroys Geschichte Songs ablieferten. Völckers schließlich schrieb absurd komische Dialoge und verschonte keine Figur seiner Geschichte Pleiten, Pech und Pannen. Politische Unkorrektheiten pflastern die Coming-of-Age-Liebesgeschichte, die erst gegen Ende des Films viel zu lehrbuchhaft wird und zu einem haarsträubendem Happyend führt.
Obwohl der Film schon Kritik kassierte, als er in die Kinos kam, gab es Preise: „Leroy“ spiegelt die Unbekümmertheit einer noch unschuldigen Jugend wider, lässt seinen Helden und dessen durchweg männliche Freunde mit Identitäten spielen, mit bessoffenem Kopf gesellschaftskritische Positionen lallend schwadronieren und – schließlich zu sich selbst finden. Dabei sind vor allem die Charaktere der Antagonisten – fünf Neonzis mit unterirdischem IQ und ihre noch dümmeren Freunde – so klischeehaft gezeichnet, dass es weh tut, vor allem angesichts der politischen Situation heute.
Und doch tut der Film gut: Es ist nicht nur die unschuldige Naivität einer diversen multikulturellen Gang Jugendlicher, die dem Film Frische verleiht. Das Selbstbewusstsein der Jugendlichen jenseits von jeglicher Larmoyanz, ihre Steh-auf-Mentalität nach einem Niederschlag: All das ist so weit weg von der heutigen Kniggelinken, dass man mit jedem Lacher befreiter durchatmen kann.
„Leroy“ mag eine naiv und schablonenhaft geschriebene Geschichte sein. Und doch strahlt der Film Stärke aus, Stärke in Worten, Stäre in Taten. Stärke in seinem Gestus, nichts ernst zu nehmen, nicht einmal die Rolle der Sieger: Mit Malcom-X-Brillen auf den Nasen und mit Baseballschlägern bewaffnet ziehen sie in den finalen Kampf, wohl wissend, dass sie nur eine Rolle spielen.
„Leroy“ ist der zweite Film aus der ZDF-Reihe „Film ab gegen Rechtsextremismus“ Alle Filme aus der Reihe sind in der ZDF-Mediathek abrufbar. Weiter unten steht auch, wann die Filme linear ausgestrahlt werden. jw