„Blood Red Sky“: Wenn der Film explodiert
Alles endet zu Beginn mit der Landung der deutschen Maschine auf einem RAF-Luftwaffenstützpunkt in Schottland. Dort steht schon ein Sondereinsatzkommando mit Scharfschützen und allem Brimborium bereit, um die Maschine zu entern. Da steigt plötzlich ein Junge vorne am Cockpit aus – Elias (Carl Anton Koch). Als er zu erzählen beginnt, blendet der Film zurück in die Vergangenheit nach Deutschland kurz vor dem Start des Flugzeugs, dessen Ziel eigentlich New York gewesen wäre. Doch der Flug im neuen Netflix-Film „Blood Red Sky“ soll nie an seinem Ziel ankommen.
„Blood Red Sky“ ist ein Horror-Actionfilm im besten Genremix. Das Flugzeug wird schon bald nach seinem Start von Enführer gekapert, die es darauf absehen, in der Öffentlichkeit mal als muslimische Terroristen durchzugehen. In Wirklichkeit sind sie Kriminelle, deren Identität im gesamten Film nicht aufgedeckt wird und deren wirrster Kopf ein von Alexander Scheer gespielter Psychopath ist. Der erschießt schon nach wenigen Minuten Elias’ Mutter Nadja (Peri Baumeister). Und damit beginnt der eigentliche Horror an Bord der Maschine – mit viel Blut, einem exzessiv hohen Bodycount und einem Durcheinander, gegen das ein üblicher Bürgerkrieg eine klar strukturierte Angelegenheit ist.
Denn Nadja ist ein Vampir, auf dem Weg in die USA, wo die rettende Heilung wartet. In der Zwischenzeit spritzt sie sich Medikamente, um nicht ganz zu mutieren, denn Nadja hasst ihr Vampirwesen, sie liebt ihren Sohn Elias über alles, und Elias weiß im Gegenzug alles über seine Mutter. Ihre Zweierbeziehung dominiert den Film, der sich auch in blutigsten Momenten noch immer um seine humane Achse dreht. So ist es auch kein Wunder, dass Peri Baumeister und Carl Anton Koch ihr bestes Schauspiel in der letzten halben Stunde des Films mitten im Showdown abliefern, als beider Interessen längst unumkehrbar auseinanderdriften, Mutter und Kind sich aber immer noch ausschließlich aufeinander beziehen, während um sie herum das Grauen waltet.
Mit „Blood Red Sky“ zeigt Regisseur Peter Thorwarth, dass in Deutschland Filme mit extremem Genremix à la „From Dusk till Dawn“ durchaus gelingen können. Auch wenn Torwarth nicht nötige Längen einbaute wie zum Beispiel die Rückblenden, in denen Nadjas Herkunft als Vampir erklärt wird. Die Erklärung ist nur halbherzig und nicht gelungen und bremst den Film auch noch aus. Dass rassistische Motive sowohl an Bord der Maschine immer wieder die Handlung vorantreiben als auch nach der Landung in Schottland bei den Sondereinsatzkräften der Royal Air Force für eine völlig falsche Einschätzung der Lage sorgen, ist auf der anderen Seite ein Beispiel für einen gelungenen Schwerpunkt im Drehbuch, der gut umgesetzt wurde und den Spatter auf eine neue Ebene hebt.
So ist „Blood Red Sky“ trotz Längen in der Handlung ein Film, der in seiner klaustrophobischen Inszenierung irgendwann regelrecht explodiert und seine Zuschauerinnen und Zuschauer am Ende erschöpft – das Einschalten aber nicht bereuend – auf der schottischen Landebahn zurücklässt. jw