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Filmische Entschleunigung
Action, Spannung, derber Humor, große Abenteuer und schockierender Horror - Gründe ins Kino zu gehen, gibt es viele.
Moderne Filme setzen auf mehr Schnitte pro Minute als ihre Pendants im mittleren 20. Jahrhundert. Der nächste große Twist und immer größere Budgets machen das Kino zum Spektakel. Dass es auch anders geht, zeigen hauptsächlich die kleinen Filme. Langsamere Juwelen, die auf Entschleunigung setzen und nicht durchgängig auf das Gaspedal treten. Filme, die ihre Zuschauer auf eine Reise mitnehmen und auf eine wohlige Atmosphäre setzen. Ideal für einen Wellnesstag.
Die richtige Einstellung
Gerade ältere Werke mit langen Einstellungen wirken im Vergleich zum modernen Kino ziemlich langsam; manche mögen langweilig sagen. Aufgrund der Änderungen der Sehgewohnheiten durch beiläufigen Konsum am Smartphone und Bombastkino verlieren nicht wenige Zuschauer den Bezug zu solchen Werken. Auch der moderne Klassiker Nomadland findet trotz dreifachem Oscarsieg eher ein Nischenpublikum. Daher kann es durchaus helfen, sich auf derartige Filme gut vorzubereiten und sie bewusst zu erleben. Ein Wellnesstag im eigenen Zuhause kommt da genau richtig. Nach der Entspannung im Massagesessel oder einer Sauna ist der Kopf frei und die Stimmung perfekt, um sich an gemächliche Filme zu wagen.
Nomadland
Der Tod ihres Mannes macht der Protagonistin Fern, gespielt von der dreifachen Oscar-Preisträgerin Frances McDormand, schwer zu schaffen. Nachdem sie auch noch ihren Job verliert, kehrt sie dem häuslichen Leben den Rücken zu und fährt mit dem Van durch die USA. Sie hält sich mit Nebenjobs über Wasser und versucht, das neue Leben zu meistern. Dabei stößt Fern auf eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig hilft. Regisseurin Chloe Zhao, die für Nomadland zurecht den Oscar für die beste Regie einheimste, erzählt über die neu gewonnene Freiheit und die gleichzeitige Abhängigkeit von ihren Mitmenschen. Immer wieder ist Fern auf Freunde angewiesen, sowohl finanziell als auch mental, während sie mit ihrem Van hinreisen kann, wohin sie möchte. Ein ruhig erzähltes Meisterwerk mit phänomenalen Bildern.
Paris, Texas
Wim Wenders schickt in seinem besten Film Charaktermime Harry Dean Stanton als den gebrochenen Ehemann und Vater Travis auf die Suche nach seiner Tochter. Zu Beginn der Geschichte zieht er einsam durch eine karge Landschaft. Erst später beginnt er wieder zu sprechen. Im Zentrum des Geschehens steht das Gespräch mit seiner großen Liebe Jane. Sie teilen eine dramatische Vergangenheit, die Travis zu dem gemacht hat, der er heute ist. Famose Bilder und die Reduktion auf das Wesentliche zeichnen das Roadmovie aus.
Wilde Erdbeeren
Professor Isak Borg hat es in seinem Leben beruflich weit gebracht. Dafür soll er nun in Lund geehrt werden. Er reist, anders als sonst, von Stockholm mit dem Auto statt mit dem Flugzeug an. Mit im Gepäck ist seine Schwiegertochter Marianne. Während ihrer Reise besuchen sie Orte aus Isaks Vergangenheit. In Rückblicken erkennt er, was er für seine beruflichen Erfolge aufgeben musste, dass er jemand wurde, der er gar nicht ist. Ingmar Bergman, wohl einer der renommiertesten Regisseure überhaupt und Erschaffer zahlreicher Meisterwerke, erzählt die Geschichte nicht schwermütig und tragisch, sondern federleicht und mit jeder Menge Empathie. Eine Geschichte in das innere Seelenleben, wie sie wohl nur das Ausnahmetalent aus Schweden erzählen kann.