Frank Schätzing: Breaking News
Nach seinem Übererfolg „Der Schwarm“ und dem Nachfolgeroman „Limit“ glaubte man zu wissen, was man von Frank Schätzing zu erwarten hat: solide Thrillerkost, nicht zu kopflastig, manchmal etwas verschwurbelt. Dann hält man „Breaking News“ in den Händen, einen knapp 1 000 Seiten dicken Wälzer, der sich zwar wie ein Thriller gibt, eigentlich aber ein Geschichtsbuch sein will – und der nicht irgendein unwichtiges historisches Kapitel in den Mittelpunkt rückt, sondern eines, an dem man sich eigentlich nur empfindlich die Finger verbrennen kann: die Historie des Nahostkonflikts.
Schätzing versucht, die komplizierten Konflikte zwischen Israelis und Palästinensern durch zwei Handlungsstränge abzubilden, einen modernen und einen historischen. Zum einen ist da Tom Hagen, ein gefeierter Krisenberichterstatter, der sich nach einer selbst verursachten Katastrophe mit drittklassigen Jobs über Wasser hält und öfter ins Schnapsglas schaut, als er sollte. Ein klischeebeladener Haudrauf mit großem Ego und noch größerem Wirkungseifer, zu Hause in der Jetztzeit.
Zum anderen sind da zwei israelische Siedlerfamilien, deren Werdegang Schätzing von den 1930ern an begleitet. Einer der Söhne wird später unter dem Namen Ariel Scharon zum israelischen Ministerpräsidenten und damit zu einem der meistgehassten Personen im Nahen Osten. Von der Staatsgründung über Jom-Kippur-Krieg und Intifada bis zur Jetztzeit wird die Geschichte Israels aufgedröselt, praktisch lückenlos und hartnäckig chronologisch erzählt.
Dass dies in teils dozierendem Tonfall geschieht, stört nur phasenweise, eher zu bemängeln sind Schätzings krampfhafte Versuche, sprachlich Lockerheit in die Handlung um die Siedlerfamilien zu bringen. Im Tom-Hagen-Strang hingegen kann Schätzing seine Talente ausspielen und hetzt den Reporter mit lakonischem Unterton durch atemlose Verfolgungsjagden, lebensgefährliche Kriegsschauplätze und brisante Verschwörungsszenarien. Ein Buch, das viel will und auch einiges erreicht, denn den Massen eine fast vierstellige Anzahl von Seiten über den Nahostkonflikt vor den Latz zu knallen, ist schon aller Ehren wert. Einige Schlampigkeiten und die wenig geglückte Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart jedoch dämpfen das Lesevergnügen merklich.